Jetzt mal ein Beitrag aus der Serie „Eckis Tierleben“. Heute soll es um eines der häufigsten Tiere Deutschlands gehen, nämlich um den Waschbären, lat. Animal odiosus. Zwischen Abend- und Morgendämmerung ist er so zahlreich anzutreffen, dass man schon beinahe über ihn stolpert und seine Populationsdichte wird nur noch von der Ratte übertroffen. Wo lebt er? Sein natürlicher Lebensraum sind menschliche Ansiedlungen und das kommt nicht von ungefähr, denn er hat seine Lebensweise komplett auf den Menschen ausgerichtet – und zwar sowohl psychologisch wie auch physisch und nicht zuletzt mikrobiologisch. Beginnen wir mit der Psychologie. Der Waschbär entspricht dermaßen dem so genannten Kindchenschema, dass man ihn einfach niedlich finden muss. Bei manchen Menschen funktioniert das so gut, dass sie geistige Aussetzer erleiden – so wie bspw. anno 1934 Hermann Göring, auf dessen Geheiß das Forstamt Vöhl am Edersee einige Exemplare in die Freiheit entließ. Damit nahm das Unheil seinen Lauf. Randanmerkung: Ich persönlich finde Vogelspinnen ja viel niedlicher und vor allem auch nützlicher, denn wenn man die plötzlich unliebsamen Zeitgenossen auf die Hand setzt, dann kann man sich durchaus berechtigte Hoffnungen auf einen Herzanfall bei der betreffenden Person machen.
Doch zurück zu dem Schädling und Bioinvasor, zu Animal odiosus. Aus den wenigen Exemplaren von 1934 sind inzwischen recht viele – zuviele, nämlich weit über eine Million – geworden. Dennoch ist über das Fortpflanzungsverhalten nicht allzuviel bekannt. Rein statistisch betrachtet wird er sich wohl durch asexuelle Reproduktion u. d. h. durch unablässige Teilung vermehren müssen, denn für Begattung, Tragzeit und Geburt ist die Verdoppelungszeit einfach viel zu kurz. Halten wir also fest: Der Waschbär vermehrt sich wie Bakterien u. d. h. wie ein Seuchenerreger. Das aber nur als Einschub zwischendurch. Jedenfalls ist es auf den fiesen Psychotrick seines Aussehens zurück zu führen, dass kaum einer das Mistvieh verfolgt, ja sich obendrein sogar so genannte „Tierschützer“ noch vor ihn stellen. Auch die Tatsache, dass einige Menschen den durch und durch vergeblichen Versuch der friedlichen Koexistenz anstreben und ihn anfüttern, dürfte auf den Psychotrick zurückzuführen sein.
Kommen wir nun zu zu den physischen Fähigkeiten. Da der Waschbär über ein gerüttelt Maß an Intelligenz verfügt – man kann das durchaus mit gewissen Gesundheitsministerdarstellern vergleichen und für den Waschbären reicht es völlig aus, da er ja kein Ministeramt bekleidet – weiß er seine physischen Fähigkeiten hervorragend einzusetzen. Er ist ein begnadeter Kletterer und es gibt nichts, woran er scheitert. Na ja, fast nichts. Glatte, senkrechte Glasfassaden stellen ihn immerhin vor gewisse Probleme. So weiß er bspw. diese merkwürdigen Drahtgebilde, mit denen manche Hausbesitzer ihre Regenwasserfallrohre zu sichern glauben, als willkommene Kletterhilfen zu schätzen. Zugegeben: Man kann damit die Fallrohre wirklich gegen Waschbären sichern. Wenn man die Drahtspitzen rasiermesserscharf anschleift und mit Curare imprägniert.
Hat der Waschbär erst einmal den Weg nach oben geschafft – was für ein Tier seiner Größe gar nicht mal so einfach ist, denn mit ’nem halben Meter Schulterhöhe und ’nem Meter Länge liegt die Betonung doch mehr auf „Bär“ denn auf „Wasch“ – dann findet er auf dem Dachboden seinen angestammten Lebensraum. Sollte er dazu ein paar Dachziegel entfernen müssen: Kein Problem und auch Dachlatten bilden im Grunde genommen kein Hindernis, denn er vermag daumendicke Knochen mit nur einem einzigen Biss zu knacken. Anschließend macht er es sich da oben gemütlich. Eine Ecke des Dachbodens guckt er sich als Toilette aus und so nach und nach ätzen sich die eklig müffelnden Ausscheidungen durch den Boden in die darunter liegende Wohnung. Das ertragen nur Menschen, deren natürlicher Körpergeruch ohnehin bereits Züge vom Iltis trägt. Ansonsten findet er Gefallen daran, seinen Wohnbereich häufig nach Herzenslust und auch äußerst lautstark umzugestalten, ohne Rücksicht darauf, dass er etwaig im Haus lebende Menschen damit permanent des Nachtschlafes beraubt und sie so langsam aber sicher in den Wahnsinn treibt. Er setzt sogar gerne noch einen drauf und verhöhnt den Hausbesitzer, indem er bei vollem Licht auf dem Dachfirst eine Fete durchzieht.
Lässt er den Dachboden in Ruhe, dann hört man nachts vielleicht aus Richtung Hof ein lautes Gepolter und der sorgsam aufgeschichtete Holzstapel ist am nächsten Morgen überall verteilt. Was kann man tun, um das Vieh loszuwerden? Keinesfalls fangen und anfassen, denn das Viehzeug ist verdammt bissig! Außerdem setzt es in solchen Fällen umgehend seine mikrobiologischen Waffen ein, denn Waschbären sind wahre Mutterschiffe für Zecken, Flöhe, Milben und andere winzige, krankheitsübertragende Blutsauger – was sich aufgrund des bereits geschilderten, fiesen psychologischen Tricks natürlich kaum jemand mal wirklich klar macht. Man könnte einen Kammerjäger beauftragen. Der kassiert so zwischen 300 und 400 Teuronen, legt Giftköder aus und anschließend hat man ein Entsorgunsproblem. Aber immerhin ungefähr eine Woche lang Ruhe. Bis die gerade entstandene ökologische Nische erneut besetzt wird; genügend Waschbären gibt es ja (vgl. oben, die Vermehrung durch Teilung). Ich habe mir allerdings sagen lassen, dass Heavy Metal, so ab rund 300W Leistung aufwärts, ein gutes Mittel zum Vergrämen sein soll. Ausprobiert habe ich das aber noch nicht, weil meine Nachbarn intervenierten.
Man kann die widerlichen Schädlinge allerdings ziemlich erfolgreich vom Haus weglocken. Dazu dient der Garten. Zunächt einmal ist da der Komposter. Der ist nicht nur Krähen-McDonalds, sondern auch ein Festmahl für Animal odiosus. Zuerst kommt nur einer. Dann die Familie. Anschließend die ganze Sippe. Da man beim Essen seine Ruhe haben will, wird der gesamte Komposterinhalt kurzerhand auf eine Fläche von 20-30m² ausgebreitet; der Gartenbesitzer kann ja hinterher die Reste des Festmahls wieder zusammenschaufeln – und zwar täglich! Ein Deckel auf dem Komposter nützt übrigens nichts. Beim Holzkomposter bricht der Bär einfach kurzerhand ein paar Latten raus, egal wo. Der rundum geschlossene Kunststoffkomposter entlockt ihm ein keuchendes Lachen und am Folgetag darf der Gartenbesitzer den zerlegten Plastikpofel zusammensammeln – so ein Teil übersteht nicht mal die erste Nacht. Säckeweise auf dem Komposter ausgebrachte, getrocknete Chilis – so die Schiene Bhut Jolokia, Trinidad Moruga Scorpion oder Carolina Reaper – vermiesen ihm zwar das Festmahl, aber dieses Verfahren ist so teuer, dass es im Grunde genommen nicht in Betracht kommt.
Wer so einen 08/15-Komposter kauft, der kauft zweimal. Mindestens. Ein gänzlich anderes Kaliber ist da schon der rumum geschlossen, verzinkte Stahldraht-Komposter, der mit gut hundert Euro allerdings auch in der obersten Preisklasse liegt. Aber für die vierbeinigen „Freunde“ sollte einem nichts zu teuer sein! Der ringsherum angelegte Streifen aus Tretminen bietet zusätzlichen Schutz. So ein Gebilde stellt – sofern man nicht gerade ’ne Flex im Garten rumliegen lässt – den Waschbären vor echte Probleme und Probleme mag er nicht. In dem Punkt verhält er sich völlig menschlich: Arbeit geh‘ weg, ich komme! D. h. dann sucht er sich eine andere Nahrungsquelle. Was fressen Waschbären eigentlich? Eigentlich alles, was nicht schnell genug aus eigener Kraft entkommen und was sie nicht gefärden kann.
D. h. wenn der gefräßige Brecher am Komposter scheitert, dann schaut er sich nach Kirsch-, Apfel-, Birnbäumen u. ä. um. Dann vergreift er sich am Obst und Gemüse im Nutzgarten. Sicher, dagegen helfen Selbstschussanlagen. Aber für den geruhsamen Nachtschlaf war’s das dann und bei älteren Mitbürgern kommen Erinnerungen an Fronterlebnisse hoch. Spätestens an dem Punkt sollte man sich überlegen, ob man nicht hinsichtlich des Gartens eine finale Endlösung antreben kann. Dazu wird der Garten planiert und mit Beton übergossen, so dass eine einzige, einheitliche Fläche entsteht. In den noch nassen Beton steckt man ein paar bunte Plastikblumen – damit es später auch nach Garten aussieht – und den Rest an farblicher Korrektur erledigen ein paar Kübel mit grüner Farbe aus dem Baumarkt. Diese Endlösung bringt auch den Vorteil mit sich, das leidige Rasenmähen enorm zu vereinfachen. Allerdings kann es dann natürlich wieder passieren, dass Animal odiosus sich dem Wohnhaus zuwendet.
Damit entsteht ein Teufelskreis, dem nur schwer zu entkommen ist. Eine Möglichkeit, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, wäre das Auswandern in ein Waschbären-freies Land, in dem auch die klimatischen Verhältnisse so beschaffen sind, dass man dort binnen der kommenden Jahrzehnte vermutlich nicht mit dem Schädling zu rechnen hat. Also bspw. der Umzug in das australische Outback. Eine andere Möglichkeit zum Durchbrechen des Teufelskreises könnte darin bestehen, das Mistvieh durch natürliche Feinde zu dezimieren. Das sind Luchs und Kojote, aber auch der Wolf könnte durchaus seinen Teil dazu beisteuern: Wir haben noch viel zuwenig Luchse und Wölfe und die Kojoten könnte man ja eigens einführen! Ich für meinen Teil gebe den Kampf jedenfalls nicht auf, und wenn das noch aussichtslos erscheinen mag! Wer sich nicht wehr, der lebt verkehrt! Wo bleiben eigentlich Wolf und Luchs, wenn sie mal wirklich braucht?!?
danke für die lacher, die dein beitrag mir geschenkt haben. das nennt sich wohl galgenhumor angesichts der bemühungen gegen den waschbär.
bei wikipedia wird seine lateinische bezeichnung als procyon loto genannt.
ist dir eigentlich bekannt, dass der waschbär das „waschen“ seiner nahrung fast nur in gefangenschaft machen soll, soweit man wikipedia vertrauen mag.
dort sollen ja genung leute, die man auch lobbyisten nennt, ganze artikel in ihrem sinne umschreiben.
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Animal odiosus = widerlicher Schädling! 😉
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okay, in latein kenne ich nur die bedeutung meines realen vornamens genau.
das wars dann auch mit den lateinkenntnissen.
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Äh, hallo? Ich habe das große Latinum asterixum (Asterixlatein) und das kleine Latinum cuisinum (Küchenlatein)! 😉 Das kann man doch wohl überall voraussetzen!
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sorry, aber danke für den lacher. 😉
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Dazu mal meine Erfahrungen: selbst kleinste „niedliche“ Waschbärchen sind so kuschelig fast wie Wildschweine also borstig. Wenn man diese handvoll „Kuscheltier“ todesmutig aufsammelt bestehen sie plötzlich nur noch aus Gebiß mit Reißzähnen. Ohne Handschuhe vom Schmied geht da gar nichts. Die Kinderstube auf dem Dachboden hat das Haus dank Betonboden einigermaßen überstanden. Im Treppenhaus bildeten sich großflächig Flecken die ähnlich einem Schornstein trotz mehrfachem Überstreichen bis heute immer wieder durchkommen. Zugang zum Dach wurde durch Herausnehmen eines Ziegels erreicht. Natürlich unten wo das meiste Regenwasser fließt. Dank eigenem Hubsteiger wurde der Kampf aufgenommen, leider kein Erfolg da der Ziegel schneller draußen war als der Hubsteiger kalt. Glattes Zinkfallrohr dienten als Treppenhaus. Egal ob rauf oder runter mit der gleichen Geschwindigkeit wie am Boden. Ein riesiges Stacheldrahtknäuel diente wohl nur als Kamm was an ein paar Borsten zu sehen war. Soweit die harmlosen Erfahrungen.
Dann wurde es nach einer kleinen Ruhephase ernst. Nachts aus dem Schlaf gerissen von Krach und Gebrüll als wären Dinosaurier auf dem Dach (diese Sorte die sich nicht vegetarisch ernährt). Zwei ausgewachsene „Kuscheltiere“ in einem Revierkampf auf dem Dach in einer Lautstärke und Geschwindigket wie ich sie nicht für möglichkeit gehalten habe. Als bei jedem Manöver Dachziegel durch die Gegend flogen, begleitet von Bärengebrüll, war meine Tierliebe diesen Monstern gegenüber engültig vorbei. Mir schoß die Definition von Dreck im ersten Semester durch den Kopf „Substanz am falschen Ort“! Als die Waschbären dann kämpfend durch das Dach brachen kam mein Auftritt. Nach einem lebensgefährlichem Kampf, wie mir später bewußt wurde, lag dann am nächsten Tag einer davon in meiner Schubkarre. Das Blech war nicht mehr zu sehen. Am nächsten Tag hörte ich dann noch zwei Informationen: bei meinem Nachbarn waren sie vorher großflächig durch die Bürodecke gebrochen wobei das Inventar fast vollständig zerstört wurde. Versicherung: Fehlanzeige! Weiterhin erzählte er mir von seinem Freund der in seiner Speisekammer einem Waschbären mit einem Schaufelstiel zu Leibe rücken wollte. Er war lange auf Intensivstation weil Stücke aus seinem Fleisch herausgebissen waren, also nichts mit Nähen wegen fehlt!
Nachdem ich in der Folgezeit noch einige Erfahrungen in dieser Art hörte ist mir bewußt geworden was ich für ein Glück gehabt habe. Seit der Anschaffung einer Jagdarmbrust habe ich allerdings nie mehr einen Waschbären gesehen, obwohl Nachbarn immer wieder davon reden. Inteligenz und wohl auch noch den siebten Sinn. Da ist es nicht verwunderlich wenn es Kuscheltiere sind solange sie einen Vorteil davon haben aber wehe wenn!!! Also füttert und hätschelt sie nur weiter und freut euch auf den Moment wo diesen Mistviechern irgendwas nicht paßt.
Ansonsten sehr tielieb
Edgar Linner
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bei uns streikt ver.di mit seinen mitgliedern im öffentlichen dienst.
so bleibt auch der müll liegen.
hier unterscheidet man restmüll in schwarzen säcken von papierabfall in blauen und gelben säcken für plastik und co.
als vor gut 2 wochen die müllabfuhr ersatzlos entfiel, bleiben auch die schwarzen restmüllsäcke an der straße liegen.
in manchen dieser säcke befanden sich essensreste wie knochen.
bei mir an der straße wurden 2 schwarze säcke von tieren aufgebrochen und die reste rausgeholt.
auch müllsäcke an unserer „einkaufsmeile“ wurden aufgebrochen und essensreste auf dem fußweg verteilt.
bisher nahm ich an, es wären ratten gewesen, doch nach lesen bei realasmodis könnten auch waschbären, die es in niedersachsen gibt, gewesen sein.
allerdings ist unser dach davon nicht betroffen.
herzliche grüße unbekannterweise an dich.
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