Die Erntezeit hat begonnen, zum Leidwesen meiner Frau. Und was musste ich mir da aller Sorgfalt und dreimaligem Putzen zum Trotz nicht schon alles anhören: „… ganze Küche verseucht … alles kontaminiert … schlimmer als Nowitschok … die Hölle …“ Stellen wir das mal klar: Ich habe mich als Genpanscher betätigt und soll ich euch mal was sagen? Genpanscherei macht Spaß! Das waren als Ausgangssorten Habanero 7pot, Bhut Jolokia aka „Ghost Pepper“, Trinidad Moruga Scorpion und Carolina Reaper. Alles nach Postgelb und Tiefrot abreifend. Seit drei (Pflanzen-) Generationen kreuz und quer gemischt.
Die diesjährigen Pflanzen reifen nach Signalorange und einem schimmelfarbenen Ekelpink ab. Beim Signalorange fehlt eigentlich bloß noch der eingearbeitete Totenkopf. Außerdem folgen die Früchte strikt der Ehefrauenregel: Je schrumpeliger desto giftiger. Das ergibt auch Sinn, denn je schrumpeliger sie sind, desto mehr Plazentagewebe bilden sie aus und in dem sitzen bekanntlich die Capsaicin-Drüsen. Man kann also beim Aufschneiden schon ungefähr abschätzen, dass man es hier nicht mit so einem Gurgelmittel wie bspw. Tabasco oder anderem Kleinkinderzeugs zu tun hat. Die diesjährige Ernte besteht innen praktisch nur noch aus zusammengewachsenem Plazentagewebe und erbringt nur wenige Saatgutkörner für die nächste Saison: Nicht wirklich gut, denn dadurch habe ich zuwenig Saatgut!
Insgesamt haben bis jetzt 64 Früchte angesetzt. Zwei davon sind – warum auch immer – grün-matschig lange vor der Reifung abgefallen und wurden weggeworfen. Liegt vielleicht an zuviel Sonne, denn so einen Sommer hatten wir ja schon seit zig Jahren nicht mehr. Bis jetzt sind 21 Früchte von meinen beiden Balkonkästen abgeerntet worden und der Rest ist am Reifen. Zusätzlich stehen die Pflanzen unmittelbar vor der zweiten Blütephase; die Blütenansätze sind schon da. Ich habe die abgenommenen Früchte mit der gebotenen Vorsicht probiert: Anfangs sind die gar nicht mal wirklich scharf und bestechen durch einen phantastischen, vollmundigen, aromatisch-blumigen, fruchtigen Geschmack. Das weist darauf hin, dass sich das Erbgut vom Bhut Jolokia (produziert vorzugsweise Dihydrocapsain, welches erst später brennt) gegen 7pot, Scorpion und Reaper (produzieren Capsaicin, das gleich brennt) durchgesetzt hat. Richtige Chilis brennen ohnehin dreimal: Beim Reingehen, beim Rausgehen und später in den Augen des Kanalarbeiters.
Aber nach ein paar Minuten … – kommt der absolute Oberhammer! Die ultimative Katastrophe! Das sind dann Urgewalten wie Vulkanausbruch, Erdbeben, Tsunami und Tornado gleichzeitig und die erschlagen einen mit der Brachialgewalt einer Abrissbirne: Panikattacke garantiert! Die Verarbeitung gestaltet sich übrigens auch nicht ganz einfach. Man denke einfach nur an die ekligste, widerlichste und gemeingefährlichste Chemikalie, die man sich nur vozustellen vermag. Die dazu erforderliche Schutzkleidung lege man zur Verarbeitung an. Das schützt zwar keineswegs vollständig, minimiert aber die Folgeschäden. Bin echt mal gespannt, wie die noch ausstehenden Früchte aussehen werden …
… sie brennen dreimal…!
danke, die beschreibung hat mir einen lacher entlockt.
deine frau ist zu bedauern, echt.
du schaust auf dem fotos aus wie jemand, der eine gewaltige stinkbombe zusammen bastelt.
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Nein, eine Stinkbombe ist es nicht. Der Geruch ist sogar sehr angenehm. Aber ohne Maske reagieren die Augen irgendwanmn wie auf Tränengas, die Nase läuft nur noch wie ein Wasserfall und man kommt aus dem Husten nicht mehr heraus.
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Tabasco ist wirklich Kleinkinderzeugs.
Aber das hier, das klingt witzig, das kann man mal ausprobieren 😀
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