Vulkane sind faszinierend. Sie relativieren, denn sie zeigen dem Menschen, wie klein, unbedeutend und machtlos er gegen die Naturgewalten ist. Da ich schlafende Vulkane auf Lanzarote hautnah erleben durfte, hat das mein ohnehin bereits vorhandenes Interesse an den „Feuerbergen“ nur umso mehr angefacht. Für alle diejenigen, die es interessiert, will ich daher nachfolgend einmal versuchen, die Funktionsweise eines Vulkans so detailliert wie möglich zu beschreiben – denn Vulkane sind maßgeblich an den Kreisläufen des Lebens beteiligt.
Unser Erdkern ist fest, umgeben von einem mehr oder weniger flüssigen Mantel. Die Hitze im Erdinnern entstammt wahrscheinlich kerntechnischen Prozessen, also dem radioaktiven Zerfall instabiler Isotope; Zeugnis davon legt austretendes Radon ab. Die dabei entstehende Hitze verflüssigt das Gestein. Der Begriff „flüssig“ ist in Abhängigkeit von der Temperatur zu verstehen, denn er beinhaltet neben Dünnflüssigkeit auch die hochviskose Konsistenz eines Wackelpuddings. Darüber „schwimmt“ quasi hauchdünn unser vermeintlich fester Boden unter den Füßen, der von der Atmosphäre umgeben wird.
Man kann diesen Aufbau durchaus mit dem eines Apfels vergleichen. Fangen wir mit der Atmosphäre an. In der findet sich u. a. CO2, also Kohlendioxid. Das reagiert begeistert mit frisch gebildetem, jungfräulichen Gestein aus dem Erdinnern und es bilden sich Minerale aus der Gruppe der Carbonate (früher auch als Spate bezeichnet) – Kalkspat, Feldspat, Azurit, Malachit, Dolomit, Manganspat, Spateisenstein usw. Diese Minerale sind Kohlendioxidsenken, denn sie binden das atmosphärische CO2. Sie machen einen Großteil unserer Erdkruste aus. Die Spate haben eine interessante Eigenschaft: Unter großer Hitzeeinwirkung zersetzen sie sich und geben ihr Kohlendioxid wieder ab.
Die hauchdünne Erdkruste ist alles andere als homogen und stabil. Vielmehr besteht sie aus etlichen Platten, die miteinander kollidieren (Stichwort Kontinentaldrift). Dabei schiebt sich sich häufig die eine Platte unter die andere. Das ist die Subduktionszone. Das nun in die Tiefe wandernde Gestein wird aufgrund der Hitze des Erdmantels aufgeschmolzen. Die o. e. Carbonate zersetzen sich dabei und das Kohlendioxid löst sich im glutflüssigen Magma. Je größer der auf dem Magma lastende Druck ist, desto mehr CO2 kann sich in ihm lösen. Im flüssigen Erdmantel kommt es zu Konvektionsströmungen, zu aufsteigenden Strömen von heißem Material. Das sind die Plumes. Zusammen mit der Subduktion ergibt sich dadurch eine Art von thermisch angetriebener Rollbewegung des verflüssigten Gesteins.
Die Plumes erreichen die Erdoberfläche im allgemeinen nicht, sondern sie bleiben quasi im oberen Mantel stecken und bilden die Hot Spots. Über Risse, Spalten und Schlote speisen sich aus ihnen aber die darüber befindlichen Magmakammern, die recht dicht unter der Oberfläche liegen. Diese Kammern sind oftmals kälter als die Plumes und vermögen daher noch mehr Gase zu lösen; auch Wasser in Form von gelöstem Wasserdampf ist (z. B. von oben her eindringend) jetzt in zunehmendem Maße im verflüssigten Gestein zu finden. Das Deckgestein – also das, was wir als „feste“ Erdoberfläche betrachten – ist es, was die Magmakammer im Zaum hält und am Durchbruch nach oben hin hindert. Der Plume speist die Magmakammer und die füllt sich immer mehr. Je mehr sie sich füllt, desto stärker wird das Deckgestein angehoben. Deckgestein, welches nur bedingt elastisch ist.
Risse und Spalten im Deckgestein erweitern sich dadurch und gestatten Ausgasungen aus dem Magma. Der auf ihm lastende Druck lässt nach und es geschieht das Gleiche wie beim Öffnen einer Mineralwasserflasche: Die gelösten Gase perlen aus und steigen auf. Den Anfang macht das Kohlendioxid. Eine (messbare) Zunahme der Kohlendioxid-Ausgasung an der Erdoberfläche weist daher immer auf eine sich mehr und mehr füllende Magmakammer hin. An zweiter Stelle steht der Wasserdampf, der als hochgespannter Heißdampf die Magmakammer verlässt. Der aber ist ein ideales Lösungsmittel und macht somit das Deckgestein brüchig und porös, wodurch sein Druck nachlässt. Wir haben jetzt erhöhten Druck von unten und verminderten Druck von oben. Die Elastizitätsgrenze des Deckgesteins wird überschritten. Es kommt zu zahllosen kleinen Brüchen, die sich oben auf der Oberfläche in Form von Mikrobeben äußern. Das ist der vulkanische Tremor. Er geht einem Ausbruch unmittelbar voraus. Man kann anhand solcher Anzeichen vorhersagen, dass es zu einem Ausbruch kommt. Man kann aber nicht sagen, wann das der Fall sein wird.
Im nächsten Schritt bricht das Deckgestein endgültig und öffnet dem Magma den Weg nach oben. Der Gegendruck, der bisher noch auf ihm lastete, ist jetzt weg. Die noch vorhandenen Gase – darunter u. a. Schwefelverbindungen – treten schlagartig aus. Der Vulkan bricht aus! Ob er dabei „nur“ Lava speit oder sogar explodiert, hängt von der Zusammensetzung des Gesteins ab. Ist es bei der vorhandenen Temperatur flüssig, dann wird Lava gespien. Ist es fest, dann explodiert der Berg! So lange der Druck groß genug ist bildet sich eine Eruptionssäule. Sie kann locker 30km weit oder sogar noch höher in die Atmosphäre hinauf reichen. Oben fächert die Säule sich zu einer Wolke auf. Aus der regnet es Vulkanasche auf die Umgebung. Bei der Asche handelt es sich um Bimsstein, von staubförmig bis Kieselgröße. Dieser Bimsstein ist zwar leicht, aber wasserfrei. Seine Menge ist es, die dazu führt, dass Dächer dennoch unter dem Gewicht einstürzen. Seine Wasserfreiheit ist es, die ihn für Lebewesen und auch für den Flugverkehr gefährlich macht, denn durch die Aufnahme von Wasser wirkt er wie Zement. Das Kondensat an der Flugzeugturbine verfestigt ihn. Die Feuchtigkeit in der Lunge auch.
Irgendwann sind die meisten Gase ausgetreten. Der Druck in der Eruptionssäule lässt nach und sie bricht zusammen. Das heiße Material bewegt sich daraufhin die Bergflanken hinunter. Das ist der so genannte pyroklastische Strom. Mit 800°C und 700km/h planiert er alles, was sich ihm in den Weg stellt im Umkreis von bis zu 50km. Was in der Atmosphäre verblieben ist sind Feinstaub, Halogenide und Schwefelverbindungen. Sie sorgen einerseits durch Säurebildung für einen so stark sauren Regen, dass jedes Leben merklich geschädigt oder sogar ausgelöscht wird. Zugleich verhindern die Partikel in der Atmosphäre andererseits das Durchdringen von Sonnenlicht und bewirken einen vulkanischen Winter, welcher zur Nahrungsmittelverknappung führt.
Der Vulkan selbst ist aber noch längst nicht fertig. Er spuckt Lava – und zwar auf unbestimmte Zeit. Das können Tage oder Jahre sein, je nach der Menge des unter ihm befindlichen Materials. Die Lava sammelt sich in Lavaströmen, die hangabwärts fließen. Sie können gewaltige Ausmaße erreichen. Wie weit sie kommen, hängt von der Viskosität der Lava und die wiederum von Zusammensetzung und Temperatur ab. Mit Temperaturen zwischen 500°C und 1.200°C verbrennt sie alles, was ihr im Weg steht. Ein solcher Strom kann locker eine Breite von 10km und eine Länge von 30km erreichen: Ein Vulkanausbruch ist eine Naturgewalt, gegen die wir machtlos sind! Beim Abkühlen von dünnflüssigen Lavaströmen können sich große Hohlräume bilden. Das geschieht, wenn die Oberfläche zwar bereits erstarrt ist, darunter aber noch flüssige Lava weiter fließt. Was nach vermeintlicher Abkühlung scheinbar fest aussieht, muss alles andere als fest sein und bis sich die Lava überall auf Normaltemperatur abgekühlt hat, vergehen Jahrhunderte. Der Vulkan hat dem Land ein neues Gesicht gegeben. Nachdem das geschehen ist braucht es Jahrzehnte, bis sich neues Leben ansiedelt, und Jahrhunderte bis Jahrtausende, bis wieder ein umfassendes Ökosystem wie vor dem Ausbruch entstanden ist.
BTW: Wer sich darüber informieren will, wo gerade welche Vulkane aktiv sind, dem sei die Seite von Earthalerts empfohlen. Weiterführende und wissenschaftlich gut fundierte Infos zu Vulkanen finden sich daneben auch noch bei Scienexx.