Bei manchen Menschen komme ich aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Nein, ich meine jetzt nicht speziell Annalena Baerbock (deren zahlreiche Lebensläufe ja vielleicht irgendwann mal als Taschenbuch erscheinen). Es geht mir vielmehr um die Menschen, die so IT-mäßig voll auf der Höhe sind und die von sich behaupten, sich mit Computern auszukennen. Als ich noch die Tätigkeit als Honorar-Lehrkraft in der IGS Rodenberg ausübte, da fragte mich mal einer meiner Schüler: „Kennst du dich mit Computern aus?“ Und ich antwortete: „Wenn dir einer sagt, dass er sich mit Computern auskennt, dann dreh‘ dich um und laufe so schnell wie du kannst!“ An dieser – meiner – Einschätzung hat sich seither nichts geändert.

Welche Menschen meine ich also? Ich meine diejenigen, die sagen „Facebook? Bääh, viel zu unsicher, würde ich niemals nehmen!“ und die zeitgleich auf den Facebook-Ableger namens WhatsApp schwören. Diejenigen, für die Google die einzige Suchmaschine der Welt ist und die sich für Konrad Zuse persönlich halten, weil sie es schaffen, da fehlerfrei einen Suchbegriff reinzuhämmern ohne überhaupt von Suchstragien, erweiterten Suchbefehlen oder gar Boole’schen Verknüpfungen mal gehört zu haben. Das sind dann i. d. R. auch diejenigen, denen kostenlose Software suspekt ist; die so etwas grundsätzlich für „unausgegorenen Hackermist“ halten und die sich bedenkenlos jede noch so ausforschende App auf’s Handy ziehen.

Um diesen vermeintlich „unausgegorenen Hackermist“ – nämlich um kostenlose Software, die ich nachfolgend nicht ganz korrekt unter dem Begriff „Freeware“ zusammenfassen werde – soll es hier gehen. Wer mit Linux-Rechnern arbeitet der kennt das: Man braucht eine Software und die wird nachinstalliert, was im Regelfall kostenlos ist. Unter Ubuntu gibt’s dafür bspw. das Ubuntu-Software-Center. Unter Android gibt’s Google Play. Einige Boliden an kostenloser Software finden sich überall: GIMP, VLC, Adobes PDF-Reader, LibreOffice, Firefox usw. Das sind allesamt weit verbreitete Programme, die – da kostenlos – nach Meinung der o. e. „Spezialisten“ eben auch zum „unausgegorenen Hackermist“ gehören müssten, worüber paradoxerweise aber stillschweigend hinweggesehen wird: Es lebe das gepflegte Vorurteil! Was ich damit sagen will ist: Kostenlose Software muss nicht schlecht sein – ganz im Gegenteil, sie kann mitunter einem kommerziellen Konkurrenten durchaus das Wasser reichen!

Schön, also … – unter Linux (und Android ist auch Linux) scheint die Sache klar zu sein. Wie aber steht es mit Windows? Kann man optionale Windows-Software denn wie beim Ubuntu-Software-Center oder wie bei Google Play direkt von Microsoft beziehen, womöglich sogar kostenlos? Ja, kann man! Wenn man weiß wo MS die versteckt hat. Vor vielen Jahren existierte mal ein Blog mit Beiträgen und Downloads aus den MS-Entwicklungslabors. Da konnte man solche Software bekommen. Da ergatterte ich auch die allererste Version von MS ICE und die war obendrein noch portabel und läuft auch heute noch unter Windows 10. Schade dass es besagtes Blog inzwischen nicht mehr gibt. Stattdessen gibt’s einzelne Seiten von MS, wo man bspw. die aktuelle Version von ICE, von Whiteboard, von TurnMe Panorama oder von My Family Tree runterladen und installieren kann. Derartige Seiten findet man aber nur eher zufällig mal, denn Microsoft favorisiert stattdessen den Windows Store.

Ruft man den Store auf – nutzen kann man ihn übrigens nur als registrierter User u. d. h. wenn man ein Mirosoft-Konto angelegt hat – dann erwartet einen eine eher nichtssagende Oberfläche. Viel Auswahl jedenfalls bietet die wenig und eben das ist vielleicht auch der Grund, warum die meisten Windows-Nutzer den MS-Store links liegen lassen. Etwas anders sieht es aber aus, wenn man nach den untergeordnten Seiten gräbt, denn da finden sich zahllose Apps, die für Windows 10 geeignet sein sollen – u. a. auch viele der o. e. Boliden aus der Vorurteils-Kategorie „unausgegorener Hackermist“ – und selbst Firefox und LibreOffice sind da versteckt, obwohl MS doch so übermäßig viel Wert auf eigene Produkte legt!

Hm… – wenn nun schon Microsoft selbst derartige Freeware dadurch unterstützt, dass die sowas anbieten, kann man die dann eigentlich auch bedenkenlos aus dem MS-Store runterladen? Mitnichten! Jetzt kommen nämlich zwei ganz große „Abers“, welche denjenigen, die den MS-Store bisher links legen gelassen haben, Recht geben. Einerseits unterstützt MS solche Freeware zwar, aber die wird nicht überprüft. Und andererseits finden sich im Store überwiegend Installerversionen. Gehen wir das mal so Stück für Stück durch. Was bedeutet „nicht überprüft“? Es wird nicht sichergestellt, dass es sich um die Originalprogramme handelt. D. h. es kann gut sein, dass ein Drittanbieter ein an sich kostenloses Programm dort kostenpflichtig anbietet (Stichwort „Fake Apps“). Auch werden nicht immer die aktuellsten Versionen angeboten. Dann ist da noch die Installersache. Was man sich runterlädt muss unter Windows installiert werden. D. h. es klinkt sich überall im System ein – und kann das einerseits verlangsamen und andererseits Probleme verursachen. Mit portabler Software gibt es diese Probleme nicht. Da heißt es nur entpacken, starten und läuft oder läuft nicht. Wenn’s nicht läuft wird das Zeug eben wieder gelöscht und gut is‘ – kein Deinstallieren, Optimieren der Registry, beseitigen von nicht deinstallierten Dateileichen usw.

Deswegen sollte man meiner Meinung nach mit dem MS-Store auch ausgesprochen vorsichtig sein! Bezieht man von dort seitens Microsoft entwickelte Software, dann dürfte man ziemlich auf der sicheren Seite sein. Derartige Software findet man überwiegend bei der Store-Suche nach „Microsoft“, nur leider ist auch diese Suchfunktion ziemlich unausgegoren und listet noch alles Mögliche andere mit auf. Bei aller anderen Software aber sollte man lieber auf deren Originalseite oder auf sichere, alternative Quellen wie z. B. PortableApps.com, CHIP oder OSALT.com ausweichen!

Fazit: Optionale MS-Software kann man über den Windows-Store erhalten, nicht selten sogar kostenlos. Doch der Store selbst ist vom Aufbau her im Grunde genommen eine halbgare Zumutung, die dringend der kompletten Runderneuerung – die gerüchteweise im Herbst ’21 kommen soll – bedarf. Die Non-MS-Software, die man dort findet, sollte man jedoch lieber NICHT aus dem Store beziehen!