Es könnte ja alles so schön sein, wenn nicht am Ende des Geldes immer noch so verdammt viel Monat übrig wäre! Ergo hechelt auch jeder hinter der Kohle her, ich selbst natürlich mit eingeschlossen. Wie kommt man zu Geld? Ich fotografiere sehr viel, und zwar bereits seit mehreren Jahrzehnten. So nach den ersten 10.000 Bildern werden die Aufnahmen im Normalfall auch besser und diese Frühzeit habe ich schon lange hinter mir gelassen. Manchmal – ziemlich selten – wird irgendwer auf mich aufmerksam und will mir ein Bild oder eine Bilderserie abkaufen. Das passiert vielleicht einmal pro Jahrzehnt und dient der Finanzierung des Hobbys (wobei ich, ehrlich gesagt, deutlich mehr reinstecke als rausbekomme). Manchmal will mich auch einer über den Tisch ziehen und deswegen bin ich inzwischen sehr misstrauisch geworden. Auf der anderen Seite habe ich hier Festplatten-weise zahllose Bilder rumliegen; bestimmt weit über 100.000 vor sich hin staubende Aufnahmen. Könnte man die nicht vertickern? Aufgrund dieser Frage bin ich auf die Stockfotografie aufmerksam geworden und habe dazu mal ziemlich gründlich recherchiert. Das führte zu einer weiteren Frage: Lohnt sich das?

Beginnen wir ganz am Anfang: Zuerst bin ich bei YouTube über diverse Videos zum Thema Stockfotografie gestolpert. Der ziemlich einhellige Konsens dabei war, dass man durch Stockfotografie zwar nicht reich wird, das Hobby der Fotografie aber möglicherweise ohne zusätzliche Arbeit reinstecken zu müssen einen nicht zu verachtenden Zuverdienst bringen kann. Das nun klingt schonmal nicht schlecht. Aber verhält es sich wirklich so? Ich habe dann weiter recherchiert um erstmal in das Gebiet reinzukommen und dabei festgestellt: Es gilt Masse statt Klasse! Hm… – nicht wirklich mein Fall! Und was die Arbeit betrifft, die man angeblich nicht haben soll, ist die Antwort auf die Frage, ob das so auch stimmt, ein ganz klares „Jein!“. Früher lief das so: Wer Bilder brauchte, der engagierte einen Fotografen, der dann die Aufnahmen machte – teuer! Heute findet man nur allzu oft irgendwo ein Bild mit der sehr klein gedruckten Unterschrift „Symbolbild“ und bei dem handelt es sich um eine thematisch passende Stockaufnahme, die nichts oder fast nichts kostet – womit sich selbstverständlich viel Schotter sparen lässt.

Die weiterführende Recherche ergab, dass man, um überhaupt etwas verkaufen zu können, bei vielen Bildagenturen parallel Portfolios von mindestens 1.000 bis hin zu 10.000 Bildern anzulegen hat, was i. d. R. kostenlos ist. D. h. man lädt die Fotos zum Stockbetreiber hoch, versieht sie mit Keywords, ordnet sie in Kategorien ein und hofft dann, dass ein Interessent darauf aufmerksam wird. Über den grünen Klee gelobt worden ist dabei Wirestock, denn die beschicken gleich ungefähr zehn Agenturen u. d. h., das Portfolio muss nur einmalig für alle diese Agenturen angelegt werden. Andererseits gibt es bei Wirestock zwei sehr bedenkenswerte Punkte, nämlich die schwammigen Besitzverhältnisse und merkwürdige Deals. Beide Punkte sind dazu geeignet, gewisse Zweifel daran zu wecken, wie seriös dieser Anbieter tatsächlich ist.

Betrachten wir jetzt mal die technischen Anforderungen, die an die Aufnahmen gestellt werden. Da erfährt man bspw.:
– Mindestauflösung 1.600*2.400px,
– keine gleichartigen Bilder,
– gestochen scharfe Aufnahmen ohne Körnung oder Bildrauschen bei 100%-Darstellung,
– bestenfalls marginale Bearbeitung,
– möglichst keine Komprimierung beim JPG-Format usw.
D. h. man hat im Endeffekt technisch einwandfreie Fotos mit einem z. T. riesigen Speicherbedarf hochzuladen, wobei der künstlerische Aspekt – d. h. die persönliche Note, die der Fotograf seinem Bild verleiht – praktisch keine Rolle spielt. Hm… – auch nicht unbedingt mein Fall.

Der Stockanbieter macht die Preise. Er verscherbelt die Aufnahmen nicht selten in Tausender-Paketen – ein paar Bilder von diesem Fotografen, ein paar Bilder von jenem Fotografen usw. Der Kunde (z. B. Zeitung, Marketigunternehmen o. ä.), der für das Paket wenig bezahlt, stellt es zusammen. Er nimmt die Fotos, die ihm gefallen bzw. die er benötigt und bastelt sich daraus sein Paket. Damit erklärt sich auch die große Bildanzahl im Portfolio: Je mehr Fotos man hochgeladen hat, desto größer sind auch die eigenen Verkaufschancen. Allerdings muss der Kunde die ihn interessierenden Bilder auch finden und damit kommen wir zum arbeitsaufwändigsten Teil an der ganzen Geschichte. Jedes Bild bedarf eines Titels, der wg. der Suchfunktionen nicht länger als 70 Zeichen sein sollte. Besagter Titel soll das Bild kurz und sachlich beschreiben. Hinzu kommen die „Stichwörter“ bzw. „Keywords“, die pro Bild etwa 15 bis 35 Begriffe umfassen sollten und unpassende Begriffe führen hierbei zum Ausschluss als Spam. Bei den Keywords spielt die Reihenfolge eine große Rolle, so dass man sich die auch noch überlegen muss und es darf nur der Singular (z. B. Stein, Baum, Auto) verwendet werden. Da alle Bildagenturen international tätig sind empfiehlt es ich darüber hinaus, alle diese Beschriftungen englischsprachig (und selbstverständlich fehlerfrei, denn sonst findet keine Suchmaschine die Aufnahme) vorzunehmen.

Schließlich muss das Bild beim Stockbetreiber noch in die richtige Kategorie (bspw. Landschaft, Lifestyle, Tiere, Freizeit, Sport etc.) eingeordnet werden. An dieser Stelle muss ich noch einmal auf Wirestock zu sprechen kommen: Dort soll das alles automatisiert ablaufen. Das aber kann ich mir nun beim besten Willen nicht vorstellen, denn wenn ich bspw. ein Reisefoto einstelle, dann weiß ich, wo das aufgenommen worden ist. Aber nicht die Maschine! Die unausweichliche Folge davon sind falsche Tags, die das Bild im besten Falle unauffindbar werden lassen oder aber die im schlimmsten Falle zum Ausschluss als Spam führen. Ergo bleibt einem nichts anderes als das manuelle Taggen übrig. Die besten Verkaufschancen hat man mit den gerade aktuell gefragten Kategorien und Keywords; manchmal – wie z. B. bei Unsplash – werden die aufgelistet. D. h. wenn gerade „Flower“ schwer angesagt ist dann wird man kaum eine Aufnahme aus der Kategorie „Stone“ verkaufen können, daher lohnt es sich, das häufig zu beobachten und ggfs. Fotos nachzuliefern. Bei anderen Anbietern wie z. B. Freepik kann man durch Versuch und Irrtum versuchen herauszufinden, welche Kategorien unterrepräsentiert sind, die mit eigenen Aufnahmen aufstocken und dann hoffen, dass ein Kunde darauf anspringt. Das ist so eine Art von Glücksspiel. Wäre noch darauf hinzuweisen, dass man bei Stockfotos meist nicht unter eigenem Namen auftritt. Somit kann man potenzielle Kunden auch nicht zum Kauf von hochpreisigeren Aufnahmen anlocken. Hm… – nicht so wirklich mein Fall.

Bleibt schließlich die alles entscheidende Frage: Wie rechnet sich die ganze Geschichte jetzt? Wenn ich ein 8MB-Foto hochlade und tagge, dann bin ich dicke mit einer halben Stunde an Arbeit dabei. Opfere ich Tag für Tag rund 1,5 Stunden, dann habe ich nach Ablauf eines Jahres mein Grund-Portfolio von gut 1.000 Bildern zusammen – etwaige vorausgehende Bildbearbeitung nicht mit eingerechnet. D. h. um das Portfolio erst einmal aufzubauen, sind grob geschätzt knapp 550 Stunden zu veranschlagen. Für ein Portfolio von 10.000 Fotos braucht man die zehnfache Zeit. Soviel zum Thema „keine Arbeit“. Keine Arbeit mit der Stockfotografie hat folglich nur derjenige, der bereits über ein hinreichend großes Portfolio verfügt. Auf Wirestock bekommt man abzüglich der Marge des Stockbetreibers aktuell 31 Cent pro verkauftem Bild u. d. h. um auf schlappe 100€ brutto pro Jahr zu kommen, müsste man schon 323 Bilder und damit fast täglich eine Aufnahme verkaufen. Aber halt, da fehlt noch was. Abgerechnet wird nämlich fast überall über Elon Musks „kleinen Nebenbetrieb“ namens PayPal u. d. h. ein PayPal-Konto ist Voraussetzung. So ganz gebührenfrei ist das PayPal-Konto aber auch nicht

Womit wir wieder am Anfang wären: Lohnt sich das eigentlich? Ich meine: NEIN! Man investiert einen Haufen an Arbeit, um anderen die Taschen und nicht zuletzt Herrn Musk die Portokasse zu füllen. Die eigene Freude am Hobby geht dabei unweigerlich den Bach runter: Da gehe ich doch lieber raus und fotografiere! Das jedenfalls ist mein Eindruck bei der ganzen Geschichte. Es mag aber gut sein, dass ich mich täusche! Vielleicht hat ja jemand aus der Leserschaft gänzlich andere Erfahrungen beizusteuern? Die bitte unbedingt unten in die Kommentare schreiben, denn ich bin für alles offen! Derzeit aber halte ich es mehr wie mit dem Eiswasserstand in der Wüste: Es kommt zwar selten einer, aber wenn mal einer kommt … 😉