Ich bin jetzt über sechzig. Da macht man sich manchmal schon so seine Gedanken, was die Zukunft wohl bringen wird – ich meine so die nächsten zwanzig oder dreißig Jahre, die ich theoretisch vielleicht sogar noch miterleben könnte: Zukunft oder no future? Wir leben heute schon so als gäbe es kein morgen. Die widerliche Pseudoreligion des Neoliberalismus macht’s möglich. Gesetzt den Fall, wir bringen es tatsächlich fertig, uns nicht vorzeitig gegenseitig auszulöschen. Gesetzt den Fall, der neoliberale Irrsinn mit seinem unendlichen Wachstum im begrenzten System geht unvermindert weiter. Was erwartet uns dann? Man kann heutige Entwicklungen in die Zukunft fortschreiben. Vielleicht verstärken die sich dabei ja – bei der IT hat in den 1970er und 1980er Jahren auch noch niemand absehen können, wie die sich rasant weiterentwickelt und unser heutiges Leben verändert hat. Künftige Entwicklungen: Was wird das sein? Mehr IT. Mehr Biotechnologie inklusive Gentechnik. Mehr Gier nach Macht und größere Machtkonzentrationen. Und dann? Ich lehne mich jetzt mal ganz weit aus dem Fenster und präsentiere die Vision einer Zukunft, wie sie als Folge davon entstehen könnte. Keine schöne Zukunft …

Das Sagen werden ausschließlich Menschen aus gehobener, sozialer Schicht haben. Sie hören nur das, was in ihrer Schicht gesagt wird und legen sich folglich ein Zerrbild von der Welt zurecht. Dieses Zerrbild besagt, dass alle diejenigen, die weniger als sie besitzen, faul oder unfähig sind. Sie sehen nur die Kosten durch diese „Überflüssigen“ und werden versuchen, sich derer zu entledigen. Denn jeder eingesparte Euro an Sozialausgaben kommt ihnen selbst zugute: Gewinne werden privatisiert und Verluste sozialisiert. Der Möglichkeiten, sich der „Überflüssigen“ zu entledigen, gibt es mehrere: Angemessene Krankenversorgung nur noch für die, die es auch finanzieren können. Verrecken für die anderen, ggf. durch Nachhelfen. Es wird die Prämisse „viel für wenige statt wenig für viele“ gelten.

Gut denkbar, dass die Euthanasie wieder salonfähig wird. Den Versicherungsstatus wird man über Gesundheits-Tracker definieren. Bei denjenigen, deren gesundheitliche Probleme als selbstverschuldet betrachtet werden (z. B. aufgrund von Drogen, Nikotin oder Alkohol) wird es kaum noch eine bezahlbare Versicherung und folglich u. U. auch keine Behandlung mehr geben. Der Versicherungsstatus könnte durchaus zu „Level-Menschen“ führen, so nach dem Schema „0=toter Habenichts“ und „100=lebender Milliardär“. Das Gros dazwischen kann seine Position nur durch adäquate Arbeitsstellen halten und adäquate Arbeitsstelle bedeutet, dem Unternehmen uneingeschränkten Vollzugriff auf sämtliche persönlichen Daten zu gewähren. Außerdem setzt die adäquate Arbeitsstelle selbstverständlich voraus, dem Unternehmen überall und jederzeit zur Verfügung stehen zu können; mobile Arbeitsplätze machen’s möglich. Der Mensch wird für das Unternehmen, beliebige Konzerne sowie staatliche Institutionen u. ä. absolut durchschaubar.

Urlaub, geregelte Arbeitszeiten usw. wird es nicht mehr geben, denn der moderne Mensch ist der Sklave seines Handys (bzw. vom Nachfolgegerät). Kritik und Mitbestimmung werden dadurch zuverlässig abgetötet; man setzt auf widerspruchslose Mitläufer und wer nicht mitläuft, der ist draußen. Wer draußen ist, ist überflüssig und gehört beseitigt, wird u. U. nur noch als Ersatzteillager (Stichwort Organspende) betrachtet. Intelligenz spielt dann nur noch in Form von „nützlichen Idioten“ eine Rolle und Qualifikation schützt nicht vor dem Abstieg, sondern stattdessen Herkunft und Seilschaften. Dummheit und weltfremde Dreistigkeit werden regieren. Wer etwas auf sich hält, der zeigt das auch, insbesondere durch die Annäherung an das jeweilige Schönheitsideal, so dass zunächst die kosmetische Chirurgie boomen wird, um in Folge längerfristig durch epigenetische Eingriffe ersetzt zu werden.

Die großen Unternehmen agieren global und regionale Währungen stören da nur. Daher wird man geschäftliche Transaktionen über weltweit gültige Kryptowährungen abwickeln und wer dazu gehören will, der kommt um die Kryptowährungen nicht herum. Das bedeutet das Ende des Bargeldes. Wer auf Bargeld setzt – bspw. alte Menschen – wird ausgegrenzt. Entscheidungen werden da getroffen, wo am wenigsten Widerstand bzw. Skrupel zu erwarten sind und Konzerne, Politik sowie organisiertes Verbrechen arbeiten Hand in Hand (nicht zuletzt um Sonderabfälle billig zu beseitigen). Sie sind nicht mehr auseinander zu halten. Mit Blick auf das Wohlergehen der Wirtschaft wird die Politik den Konzernen alle nur denkbare Macht überantworten, so dass letztlich die Nationalstaaten nur noch dem Namen nach existieren werden. Die geringsten Widerstände haben die alles dominierenden Konzerne in den Schwellenländern zu erwarten und somit dürfte Ostasien die Weltwirtschaft dominieren, während der Westen langsam aber sicher vor die Hunde geht. Besagte Schwellenländer produzieren Gefahrstoff-Müll und der Westen wird sich gezwungen sehen, so etwas importieren zu müssen, um überhaupt noch etwas mitreden zu können. Außerdem dürfte der mit dem Wirtschaftswachstum einher gehende Energiehunger der Schwellenländer zu einem weiterem Ausbau der Kernkraft (inklusive aller sich daraus ergebenden, negativen Konsequenzen) führen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass sehr viel Geld auf der einen Seite, verbunden mit Skrupellosigkeit und gepaart mit Gentechnik auf der anderen Seite zu neuen, angesagten Lebensformen führen wird – also bspw. Chimären oder Klone als Haustiere, aber ggf. auch menschliche Sklaven mit unterentwickeltem Gehirn für alle möglichen Aufgaben. Derartige Lebensformen dürften zum Statussymbol werden, genau so, wie sich heute so mancher ein Riesenauto als Statussymbol zulegt, aber auch heute noch in Einzelanfertigung hergestellte, menschengleiche Androiden sind ein Riesengeschäft für Wohlhabende. Die Weltbevölkerung wird weiterhin rasant anwachsen und das bringt ein Nahrungsmittelproblem mit sich. In den ärmeren Ländern dieser Welt lässt man die Menschen dann einfach verrecken – es gibt ja mehr als genug davon – und für das Fußvolk in den Industrienationen muss synthetische Nahrung nach dem Vorbild von Fettpaste mit Ammoniak herhalten. Feldfrüchte wird es nicht mehr für den Verkauf, sondern vielmehr als umzuarbeitendes Rohmaterial für die Industrie geben und nur Superreiche können sich noch natürliche Nahrung leisten.

Korruption wird zum allgemein akzeptierten Mittel der Meinungsbildung werden. Die Konkurrenz zwischen den Konzernen wird im Bedarfsfall gewaltsam ausgetragen. Dazu dienen Stellvertreterkriege – gerade auch um Rohstoffe – mit nicht regulären Soldaten und Söldnern. Gerade die Tätigkeit als Söldner wird für viele verarmte – von der Gesellschaft weggeworfene – Menschen der einzig mögliche Ausweg aus der verfahrenen Situation sein. All das zerstört Länder und erzeugt weltweit Migrationsströme. Flüchtlingslager werden Dauereinrichtungen, i. d. R. mit katastrophalen hygienischen Zuständen, was die Entwicklung von Seuchen begünstigt. Entsprechende Pandemien werden folglich immer wieder irgendwo aufflammen und das Wachstum der Weltbevölkerung irgendwann deckeln. Die Flüchtlinge selbst wird man als billiges, zu verschleißendes Kanonenfutter anwerben, weil auf Seiten der angeblich allen dienenden Wirtschaft ein Menschenleben nichts mehr wert ist.

Letztlich wird die Bevölkerung auf dem ganzen Planeten in sozialer Hinsicht extrem polarisiert sein. Ich schätze mal, dass dann maximal 5% der Weltbevölkerung so ziemlich alles gehört und sich 95% um die vom großen Tisch fallenden Krümel die Schädel einschlagen werden. Wobei jeder gegen jeden gilt und wenn zwei sich streiten, dann freut sich bekanntlich der Dritte. Bedeutet: Wer herkunftsbedingt ganz oben ist wird auch immer ganz oben bleiben und selbsternannte „Eliten“ generieren sich aus sich selbst. Wer nicht zu derartigen „Eliten“ gehört, dessen Denken wird über die Medien (hier eine Zensur des Internets, da ein Weglassen von Sachverhalten, dazu Framing etc.) in eine seitens der „Eliten“ gewünschte Richtung gelenkt werden und wer das Denken kontrolliert, der braucht Aufstände nicht mehr zu befürchten.

Wer all das für eine durchaus erstrebenswerte Zukunft hält – weil er dem Irrglauben anhängt, es doch irgendwie nach ganz oben schaffen zu können – der ist gut dran. Der braucht nämlich gar nichts zu tun und nur mit „Weiter so!“ alles, was heute bereits läuft, zu unterstützen. Wer derartige Verhältnisse aber nicht für besonders erstrebenswert hält, der tut gut daran, denjenigen, die heute bereits die Weichen für so etwas stellen, schon jetzt jegliche Unterstützung zu versagen. Im Kleinen kann das jeder tun. Hier seine Meinung unbeirrbar vertreten, da ein Kreuzchen bei der Wahl verweigern, Waren boykottieren, reparieren anstatt neu zu kaufen usw. Wenn das einer macht, dann bringt das nichts. Wenn das aber alle machen, dann stürzen diejenigen, die sich auf ihrer rosa Wolke die Eier schaukeln, in absehbarer Zeit mit Sicherheit ab!