Vor einigen Jahren, als ich noch als Lehrkraft in der IGS Rodenberg tätig war, da fragte mich einer meiner Schüler: „Kennst du dich mit Computern aus?“ Und ich antwortete: „Wenn dir jemand sagt, dass er sich mit Computern auskennt, dann dreh‘ dich um und renn‘ so schnell du kannst!“ Ich behaupte jedenfalls nicht, mich mit Computern auszukennen, obgleich ich sowas in der Art mal in einem „vergangenen Leben“ gelernt habe. Sicher, hin und wieder bittet man mich mal um Hilfe, wenn ein Rechner nicht mehr läuft und dann versuche ich eben – ohne Garantie, weil wenn schon was kaputt ist, das kann man auch nicht mehr kaputt machen – die Gurke auf der Basis von Nachbarschaftshilfe wieder zum Laufen zu bringen. Zum eigenen Erstaunen klappt das auch in den meisten Fällen. Das hat sich rumgesprochen.
In diesem Kontext erreichte mich kürzlich ein Hilferuf. Das Gespräch verlief ungefähr wie folgt:
Er: „Ich wollte alte E-Mails aufrufen, aber die sind alle weg! Einfach so! Meine Tochter sagte, dass alte Mails automatisch gelöscht werden! Kann ich die irgendwie zurückholen?“
Ich: „Ja, einige Mailprogramme machen das. Ist aber oftmals nur ’ne Sache der Einstellung. Ob deine alten Mails wirklich weg oder nur archiviert worden sind kann ich nicht sagen.“
Er: „Dann könnten die Mails also noch da sein?“
Ich: „Möglicherweise. Welches Mailprogramm verwendest du denn? Wenn ich weiß, welches dein Mailprogramm ist, dann kann ich mich da mal schlau machen.“
Er: „Kann das Microsoft sein? Wo finde ich denn das Programm?“
Ich: „Wenn du dein Mailprogramm aufmachst, steht dann da irgendwo irgendwas von Outlook? Oder stattdessen Thunderbird, Opera Mail, PopMan, SeaMonkey, Sylpheed, Windows Live Mail, K9Mail, Google Mail, Inbox usw.? Den Namen des Mailprogramms bräuchte ich schon. Ohne den geht nämlich gar nichts …“
Er: „Wie aufmachen?“
Ich: „Na, einschalten, aktivieren, aufrufen, starten …“
Er: „Wie geht das?“
Ich: „Hör‘ mal, wenn du schonmal Mails aufgerufen hast, dann hast du doch dazu dein Mailprogramm starten müssen oder wie konntest du sonst an die Mails gelangen?“
Er: „Nee, das geht bei mir immer alles automatisch!“
Ich: „???“
Er: „Wenn eine Mail eintrifft, dann erscheint auf dem Bildschirm eine Benachrichtigung. Da klicke ich dann drauf und dann kann ich die Mail lesen.“
Ich: „Und wenn du eine Mail schreiben willst?“
Er: „Das mache ich nur ganz, ganz selten. Dann muss ich immer abwarten, bis eine Mail gekommen ist. Wenn ich die gelesen habe, dann kann ich auch eine schreiben bzw. darauf antworten.“
Das war dann der Moment, in dem ich in die Schreibtischplatte gebissen habe: Typischer Fall von DAU-Alarm! Die Geschichte ist noch nicht zu Ende und da wird mich in Kürze wohl auch noch so einiges erwarten. Zwar unglaublich, aber wirklich wahr! Mit einem Computer kann man viel Blödsinn anstellen. Mit einer Waffe oder mit einem Auto auch. Bei der Waffe benötigt man deswegen eine Sachkundeprüfung, und zwar den Waffenschein. Beim Auto auch – nämlich den Führerschein. Beim Computer kann man noch soviele technische Sicherungen einbauen, doch sind die völlig sinnlos, wenn sich der Benutzer wie ein Vollidiot verhält. Warum also nicht auch beim Computer einen Sachkundenachweis – eine Art von „Computerführerschein“ – vorsehen? Das muss gar nichts Großes sein, nur eben so die wesentlichen Grundlagen umfassen, also zum Beispiel:
1. Was ist ein Computer?
2. Betriebssysteme und Funktionsweisen
3. Netzwerke
4. Gefahren
5. Softwareausstattung
6. Zubehör
7. Rechtliches
8. Diskussion
Gehen wir die einzelnen Punkte nun einmal durch.
Was ist ein Computer?
In diesem Kursteil würden verschiedene Formen von Computern vorgestellt und auf die Unterschiede hingewiesen werden. Die Spanne reicht dabei vom Raspberry Pi über Handy und Tablet bis hin zum PC. Die wichtigsten Komponenten (Mutterbrett, IO-Karte, RAM, CPU, Speichermedien) sowie deren Leistungsmerkmale müssten angesprochen werden. Letzteres beugt Fehlkäufen vor. Denn ich habe schon Leute erlebt, die versuchten, eine 3TB-Festplatte an Windows 7, das nur max. 1,5 TB verwalten kann (im eigenen Test: absolute Schmerzgrenze 1,63 TB), anzuschließen.
Betriebssysteme und Funktionsweisen
An dieser Stelle sollte mindestens Linux, Apple OS und Windows gleichberechtigt erwähnt werden. Die Vor- und Nachteile der einzelnen Systeme müssten zur Sprache kommen, auch darf der Hinweis darauf, dass man mit Linux leistungsschwach gewordenen Windows-Rechnern mitunter ein zweites Leben einhauchen kann, nicht fehlen. Schließlich ist selbstverständlich die Erläuterung dessen, was ein Betriebsssystem eigentlich macht, ebenfalls notwendig. Das Ganze natürlich nicht zu technisch, damit auch „Lieschen Müller vun’t Dörpe“ es versteht.
Netzwerke
Zum Thema Netzwerke fällt jedem zwar sofort das Internet ein, doch auch das Wissen um P2P-Netze und Intranets kann nicht schaden. Oder das Wissen um die Tatsache, dass sich auch über das Stromnetz Daten übertragen lassen. Auf Übertragungsprotokolle (Hypertext, FTP, Telnet, mailto etc.) ist ebenso kurz einzugehen wie auf den Unterschied zwischen LAN und WLAN. Letzteres mag sich zwar bescheuert anhören, aber wenn man schon mal – wie es mir selbst passiert ist – fassungslos im MediaMarkt vor einem Angebot von „WLAN-Kabeln“ gestanden hat, dann fragt man sich mitunter, wie blöd mancher Mitmensch wirklich ist.
Gefahren
Unverzichtbar ist der Hinweis darauf, dass das Internet die Spielwiese von skrupellosen Geschäftemachern – oder kurz: ein Minenfeld – ist. Die verschiedenen Arten von Schadsoftware sowie technische Abwehrmaßnahmen sind zu erläutern. Vor allem aber sind die Kursteilnehmer eindringlich darauf hinzuweisen, dass auch die beste technische Abwehrmaßnahme nicht greifen kann, wenn jemand selten dämliche Anfängerfehler macht.
Softwareausstattung
Von Linux-Distros mal abgesehen kommen die meisten Rechner mehr oder weniger „nackt“. Aber muss es denn wirklich gleich Photoshop CSirgendwas sein, wenn einer nur mal ein zu dunkles Foto aufhellen will? Muss es die komplette und teure MS-Office-Suite sein, um hin und wieder mal einen Brief schreiben zu können? In diesem Kursteil sollten die Teilnehmer in die Lage versetzt werden, abwägen zu können und auch zu erfahren, was sichere und unsichere Quellen für Software sind und auf welche Freeware sich zurückgreifen lässt.
Zubehör
Drucker, Tastatur, Scanner, Fax, Memorystick, DVBT2-Empfänger, externe Brenner oder Platten, Flash-Laufwerke, Router, Digitalkameras und-und-und. Was eignet sich wann wofür? Was ist wann sinnvoll? Wer nur hin und wieder mal ein Farbfoto ausdrucken will, der braucht keinen Super-Duper-HighTech-Printer. Wer das aber oft und regelmäßig tut, der bekommt Tränen in die Augen, wenn er dabei auf einen billigen Tintenpisser setzt!
Rechtliches
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen das Internet nicht ernst nehmen, weil es sich ja „nur“ um vergängliche Worte, Zahlen, Filmchen und Bildchen auf einem Bildschirm handelt. Hier schlägt die alte, passive TV-Glotzer-Mentalität voll durch. Doch im Gegensatz zum Fernsehen, vor dem man nur passiv abhängt und konsumierend eine Gehirnwäsche über sich ergehen lässt, lebt das Internet von Aktivität. Mit allen rechtlichen Konsequenzen. Nur derjenige, der das auch begriffen hat, wird entsprechende Vorsicht walten lassen.
Diskussion
Aus den sieben angeführten Kursteilen werden sicherlich noch offene Fragen übrig geblieben sein. Die sollten in diesem Abschlussteil so gut es geht beantwortet werden.
So ein „Computerführerschein“ könnte bspw. als VHS-Kurs angeboten werden und das betreffende Zertifikat müsste – ähnlich der Ersthelferbescheinigung beim Führerschein – beim Erwerb eines Computers (Handys, Tablets …) vorgelegt werden. Denn nur wer informiert ist, der kennt die Gefahren und kann Gefahrenstellen umschiffen. Sicher, es gibt ja bereits Computerführerscheine. Sowas wie Xpert ECP oder ECDL. Meiner Meinung nach ist das aber alles Mumpitz, weil diese so genannten „Computerführerscheine“ sich auf ein bestimmtes Betriebssystem (Windows) und auf ganz bestimmte, kommerzielle Anwendersoftware (MS Office) konzentrieren.
Sie vermitteln Usern Grundkenntnisse in Microsoft-Produkten und unterstützen eben dadurch den Umsatz von Microsoft. Sie schaffen Fachidioten, erzeugen MCSEs (MCSE = Mind Challenged Slave of the Empire). Die Prüfung ist Humbug. Ich selbst habe im Jahr 2011 ohne jegliche Kurse und ohne Kenntnis der Software, um die es ging (weil ich mit diesen Versionen noch nie gearbeitet hatte), spaßeshalber mal an einer entsprechenden Prüfung von Telekom, Cisco, Microsoft, DB AG, BA, BitCom, ranstad u. a. (vermittelt durch die IGM) teilgenommen und wirklich vollkommen unvorbereitet von jetzt auf gleich die Note „2+“ erzielt. Derartige Zertifikate sind in meinen Augen sinnlos und stellen nutzlos vergeudetes Papier dar. Sie nützen einzig den Kursanbietern, denn für diese Kurse muss man immer wieder tief in die Tasche greifen. Sie vermitteln dagegen NICHT, was man täglich braucht!
Zurück zum eingangs angeführten Dialog mit dem Hilferuf: Man könnte das alles unter dem Stichwort DAU ablegen und vergessen, wenn es sich bei der betreffenden Person nicht um einen renommierten Kommunalpolitiker handeln würde – also um jemanden, der vor Ort Entscheidungen hinsichtlich Digitalisierung, Netzausbau u. ä. trifft. Anders gesagt: Da ist ein Entscheider, der von Tuten und Blasen keine Ahnung hat. Projizieren wir das jetzt mal auf die Bundesebene: Da kriegt irgendein Politclown, der so hochkompetent ist, dass er ’ne Festplatte für ein kaltes Buffet hält, eine Mail vom Typ „Sorgenfreie Zukunft – hier klicken: wiederwahlgarantiert.ru“ o. ä., geht da mit Rechner oder Handy drauf, erteilt einem Wurm oder Trojaner eher oberflächliche Zugriffsrechte, so dass der sich nur auf das erstbeste Adressbuch stürzen und dadurch weiter verteilen kann und schon handelt es sich um einen Angriff Putins auf die Grundpfeiler der Demokratie. Nein, ist es nicht! Es ist nichts weiter als das im Netz übliche Ausnutzen strunzblöder DAUs durch irgendwelche Kriminelle! Dem lässt sich mit Technik nicht beikommen. Aber mit Bildung!
ein wlan-kabel ab 10,95 ist doch DAS schnäppchen des jahres.
der zuständige verkäufer sollte seinen gesellenbrief dem zuständigen ausbilder zurückgeben müssen.
da du die vhs als bildungsstätte erwähnst, an der hier in meinem ort habe ich in den frühen 2000er jahren einen pass erworben, der mir gute fähigkeiten im umgang mit dem pc und microsoft betriebssystem bescheinigt.
so weit, so gut.
die ausbildung war für frauen die im büro mit dem pc arbeiten sollen und müssen.
doch wenn man nicht sofort mit dem pc arbeitet, vergisst man auch einiges wieder.
gehen wir dahingehend d’accord?
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Du schreibst: „Die Ausbildung war für Frauen die im Büro mit dem PC arbeiten sollen und müssen.“ Und genau darum geht es ja auch – das ist nämlich NICHT die Anforderung, die tagtäglich gestellt wird. Einen Brief zu tippern ist etwas gänzlich anderes als im Internet etwas zu suchen und dabei u. U. auf gefährliche Seiten zu stoßen. Datendisziplin und Datensicherung sind alltägliche Arbeiten, haben aber nichts mit Excel zu tun. Sie setzen jedoch vernünftige Kenntnisse des Umgangs mit dem Windows-Explorer voraus. Und so weiter … Sicher, man bekommt in so einem „Bürokursus“ ein paar Grundlagen vermittelt, aber NICHT die, die man selbst ständig braucht, sondern eben nur die, die der Chef beim Fachidioten voraus setzt. Was ich oben exemplarisch als Kurse angeführt hatte (Xpert ECP bzw. ECDL) sind derartige „Bürokurse“. Sicher, ECDL – https://de.wikipedia.org/wiki/European_Computer_Driving_Licence – klingt ganz toll.
Aber was nützt so ein wohlklingender „Europäischer Computerführerschein“, wenn der Anwender zuhause sein OpenOffice oder LibreOffice mangels besseren Wissens aus einer nicht bzw. wenig vertrauenswürdigen Quelle bezieht und sich aufgrund der obskuren Quelle soviel Adware einfängt, dass sein PC beim Aufruf des Browsers einfriert? Denn genau darum geht’s doch! Otto Normalverbraucher wird so einen Bürokursus weit von sich weisen, denn wer Bildbearbeitung macht hat normalerweise mit dem Rechnungswesen nichts am Hut. Insofern ist das, was z. Zt. angeboten wird, immer der Versuch einer „eierlegenden Wollmilchsau“, wobei ganz oberflächlich „Masse statt Klasse“ gilt. Und was schließlich das Anwenden betrifft: Der eine agiert später nur mit Word. Der andere nur mit Excel und wieder einer nur mit PowerPoint. Da geraten die sicherheitsrelevanten Grundlagen ganz, ganz schnell in Vergessenheit – und damit stehen wir wieder am Anfang, denn wenn etwas aus Unkenntnis passiert, dann ist das Geschrei riesengroß!
Nehmen wir mal ein simples Beispiel, nämlich die Bildbearbeitung mit GIMP. Typische Kursusaufgaben des ECDL sind dabei Bildzuschnitt, Sättigungskorrektur, Graustufenkonvertierung, Screenshot, Grafik aus dem Netz abspeichern, Bild skalieren, weichzeichnen u. ä. Schön wenn man das kann. Aber ein Armutszeugnis, wenn man sich das schriftlich bescheinigen lassen muss. Genauso mit Word: Kopieren, Suchen und Ersetzen, Leerzeichen einfügen, Tabulatoranwendung, Rechtschreibprüfung u. ä. – kann das wirklich der Inhalt eines „Computerführerscheins“ sein? Oder wäre es da nicht sehr viel sinnvoller, den Benutzer dahingehend zu schulen, bei einer Mail auch mal den erweiterten Header zwecks Echtheitsprüfung aufzurufen, beim Browser vor dem Klicken die Adresse der Ziel-URL zu beachten, als Password nicht für durchweg alle Zugänge den Namen des Haustieres zu verwenden u. ä.? Wichtig wären bei dem meinerseits propagierten „Computerführerschein“ eben solche Grundlagen. DANACH mag sich jeder weiterführend in das einarbeiten, was er/sie gerade benötigt.
Oder, um es noch deutlicher zu sagen: Der heutige „Computerführerschein“ (z. B. ECDL) sagt, wie bestimmte Programme bedient werden müssen. Was ich selbst aber als „Computerführerschein“ befürworten würde, ist nicht die Bedienung eines bestimmten Programms, sondern zu Begreifen, wie die Kiste ungefähr funktioniert, also dass bspw. eine Verknüpfung oder eine Meldung auf dem Desktop nicht das Programm ist, man in etwa weiß wo und wie Programme abgelegt werden usw. Nehmen wir wieder das Auto als Beispiel: Jedes fährt sich anders und hat andere Eigenheiten. Aber die Dinger haben einen Tank, der befüllt werden muss und Reifen, auf denen Luft sein muss. Ohne läuft die Karre nicht, auch wenn man jeden Hebel und Schalter kennt! Und darum geht es mir.
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du hast ja recht, asmodis.
wir haben in der tat nur ganz wenig zum aufbau und funktion eines computers gelernt sondern mehr seine anwendungen.
sichere seiten, schadware etc habe ich mehr von meinem ex gelehrt bekommen.
doch selber fing er sich viren etc beim schauen von pornos ein.
bisher habe ich großes glück gehabt.
die wenigen viren, die sich mein pc durch falsche klicks einfing, konnten sofort unschädlich gemacht werden.
diskretion über sich und seine daten sind das a und o eines lebens im undmit dem internet.
und sicher weiß ich nicht alles darüber.
dafür habe ich ja dich. 😉
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„Aber die Dinger haben einen Tank, der befüllt werden muss und Reifen, auf denen Luft sein muss. Ohne läuft die Karre nicht“
Bergab schon. 😀
Spass beiseite. Irgendwo wird immer eine Grenze gezogen werden, ab der ein technischer Gegenstand nicht tiefer ergründet wird bzw. werden soll. Wenn jemand am Arbeitsplatz eine computergestützte Aufgabe zu erledigen hat und eine andere nicht, wird in der anderen Sache nicht ausgebildet.
Was denkste, was hier los wäre, wenn nicht ausgebildete Leute in Firmen damit anfingen, die Dinge in die eigene Hand zu nehmen, wenn der PC spinnt? Ein Sachbearbeiter soll gar nicht am PC rumbasteln. Die firmeninternen Standards sind unbekannt und die Rechte fehlen. Und wenn jemand keine Installationen und Konfigurationen vornehmen darf, ist das Wissen, dass Programmverknüpfungen keinen ausführbaren Programmcode enthalten und dergleichen eh wertlos. Die Anweisung ist: Doppelklick da drauf, lad die nächste Akte und mach deine Arbeit. Bei Problemen: IT bescheid geben.
In anderen Firmenumgebungen, wo die User im System mehr Freiheiten haben und eigene Ordner anlegen und Dateien speichern können, und durchaus den Unterschied zwischen Verknüpfung und Binary kennen, beginnen oft erst die grossen Probleme mit den Anwendern.
Ich kann ein leidiges Liedchen singen von (tausenden) Ordnern, in die einfach alles ohne ordentliche Struktur und Namensgebung reingeschaufelt wird, bis das totale Chaos ausgebrochen ist. Dann wird ein neuer Ordner angelegt, der auch wieder rekursiv und redundant vollgemüllt wird. Aber bloss nichts löschen. Es könnte ja was wegkommen. Nach und nach wird der Zeitaufwand immer grösser etwas wieder zu finden und die Produktivität geht den Bach runter. Und in die täglichen Backups wandernt der Datenmüll auch noch. Das haben in meiner letzten Firma 40 Leute vom AVler über die Produktionsleiter bis hoch in die Chefetage wirklich alle gemacht. Und die meisten hatten lokal Adminrechte. Da sind mir hochrestriktive Systeme und Vollnubs wesentlich lieber.
Die einzige Lösung: In der Schule beginnend ab der 7. Klasse 4 Stunden pro Woche „Umgang mit Computern. Datenschutz, Komponenten, Architekturen, Datenbanken, Ordnung halten, Lizenzmodelle“ usw. usf. Und wenn das mit Wahlpflichtkursen für Spezielles kombiniert wird, haben wir bald nur noch sehr wenige total Unwissende und könnten eher auf enge Systeme verzichten.
Was privat abläuft steht natürlich auf einem anderen Blatt. Aber dafür wird auch kein „Computerführerschein“ finanziert und zertifiziert.
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Ich denke, dass wir beide das Gleiche befürworten, nämlich die Vermittlung von IT-Kompetenz. Ob das nun (wie du vorgeschlagen hast) in der Schule geschieht oder (wie ich vorgeschlagen habe) vermittels eines Kursus, der zum „Computerführerschein“ führt, ist im Grunde genommen zweitrangig, denn eigentlich geht es alleinig darum, Grundlagen und Datendiszplin zu erlernen (wozu selbstverständlich auch das Beseitigen von Dateileichen, ergo das Löschen von Datenmüll, zählt). Was aber wiederum nur dann funktionieren kann, wenn ein gewisses Grundwissen über Computer bereits da ist. Die deinerseits angesprochenen, zugemüllten Rechner (die IT-Mülldeponie) kenne ich aus langjähriger, früherer Admin-Tätigkeit leider auch bis zum Erbrechen – bei sowas kriegt man ganz schnell graue Haare! Wenn an so einer Kiste was faul ist, dann ist das Plattmachen zumeist die zweckmäßigere (weil zeitsparendere) Variante.
Du sagst „Bei Problemen: IT bescheid geben“. Klingt zwar gut, wird lt. meiner Erfahrung aber mitunter gänzlich anders gehandhabt. Das hängt mit der Unternehmensgröße zusammen. Ein hinreichend großes Unternehmen leistet sich die IT-Abteilung und da funktioniert das dann so, wie du es befürwortest. Bei Kleinunternehmen hingegen, zumeist so i. d. Größenordnung von 10-20 Mitarbeitern, sucht man die i. d. R. aber vergebens. Da wird einer als Admin bestimmt und dem das aufgedrückt. Weil der Entscheidungsträger (der Chef) zumeist von seinen eigenen Computerkenntnissen dermaßen überzeugt ist, dass er „genau beurteilen“ kann, was so ein Admin eigenlich macht: Nämlich Däumchen drehen, Videogames spielen, nichtstun und abkassieren. Kein Wort über Lizenzverwaltung, Troubleshooting, Updates, Datensicherheit, Datensicherung, Mitarbeiterschulung, Aufsetzen neuer Rechner, Ersatzteilbeschaffung usw. Was der o. e. Boss nicht kennt, das existiert für ihn einfach nicht und ist folglich auch keine Arbeit. Was der Admin macht kann er nicht sehen und dennoch kostet es ihn Geld – was der Boss dann nicht selten als rausgeschmissenes Geld betrachtet. Unter dem Strich hat man am Ende einen Riesenhaufen an Überstunden angesammelt und muss auch noch darum kämpfen, die in irgendeiner Form ausgeglichen zu bekommen. Das jedenfalls ist meine Erfahrung mit der Sache, doch das nur am Rande.
Ich gebe dir darin vollkommen Recht, dass ein Sachbearbeiter, der bestimmte Aufgaben zu erfüllen hat, nicht am System rummurksen soll. Anders ausgedrückt: Er darf keine Installationen vornehmen können. Allerdings – so meine Erfahrung – kommt es auch immer mal wieder vor, dass die eine oder andere Software, die nicht da ist, sporadisch mal gebraucht wird. Ich löste dieses Problem in der Vergangenheit so, dass der Betreffende dann einen USB-Stick in den Rechner genagelt bekam, worauf geeignete portable Software vorgehalten wurde – exemplarisch sei an dieser Stelle nur mal https://portableapps.com/ erwähnt. Allerdings setzt auch die Anwendung einer solchen Lösung wieder ein gewisses Grundwissen voraus – und das ist nicht gegeben; das gilt es zu erwerben. Das ist im Grunde genommen das, was ich mit dem „Computerführerschein“ meine. Dieses fehlende Grundwissen ist die fehlende IT-Kompetenz.
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„Da wird einer als Admin bestimmt und dem das aufgedrückt.“
Das ist meistens der Chef selber in so kleinen Unternehmen. Und das ist dann die „IT“, die auch die Standards kennt (egal wie ungenügend sie auch sein mögen auf diesem Level) und entsprechende Rechte hat. Sehr viel der kleinen und mittelständischen Unternehmen haben die IT externalisiert oder leisten sich maximal einen Admin in Teilzeit.
„dass wir […] das Gleiche befürworten, nämlich die Vermittlung von IT-Kompetenz“
Ja. Insgesamt geht es mir sogar ganz allgemein um die Wertschätzung, die man seinen kleinen Helfern entgegenbringt oder auch nicht. Insbesondere im Privaten.
Hier wollte ich nur genogramma im Rahmen des Kommentarthemas „Computerführerschein für Büroarbeit“ unterstützen.
Denn sie hat vollkommen recht. Das Prinzip nennt sich „Need to Know“ und eine Bürokraft sollte nur das tun und entsprechend vermittelt bekommen, was wirklich notwendig ist. Und das ist von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz sehr unterschiedlich und kann daher auch nur dort vermittelt werden. Daher ist der VHS-Computerkurs auch seinem Zwecke nach sinnvoll und ausreichend. Ich spreche hier ausdrücklich nicht von IT-Fachkräften.
Es sollen dabei in erster Linie Einstiegsängste genommen und eine Haptik entwickelt werden. Und das wird auch zertifiziert für die potentiellen Arbeitgeber. Die wissen dann, dass sie nicht bei null anfangen brauchen in der Ausbildung oder Einarbeitung und dass eine grundsätzliche Eignung vorhanden ist.
Das ist weitestgehend equivalent zum Autoführerschein. Denn wirklich fahren lernen und wirklich ein Auto und den Verkehr kennen lernen, findet hinterher statt. Wie man einen Reifen aufpumpt, und wie man erkennen kann, dass die Bremsbeläge zu wechseln sind und worauf es beim Oelwechsel ankommt, wird oft gar nicht vermittelt. Ich kenne niemanden, dem in der Fahrschule gezeigt wurde, wie Scheibenwischer und -wasser gewechselt werden etc. pp. Es wird lediglich vermittelt: Scheibe muss sauber sein. Und eine Praxisstunde „Fahren auf Eis“ ist mir auch noch nicht begegnet im normalen Führerscheinkurs. Aber jeder muss es können, wenn es soweit ist, sonst Beule.
Um einen umfassend verantwortlichen Umgang mit Rechnern zu vermitteln, sind Jahre notwendig. Es reicht nicht die Theorie zu pauken und ein paar mal praktisch umzusetzen. Der Komplex muss gelebt werden.
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Ach ja. Noch ne Kleinigkeit. Das mit dem USB-Stick halte ich für User im Unternehmen für sinnlos und als fixes Konstrukt sogar für grundsätzlich falsch. Finde es schon schlimm genug, dass z.T. Sticks genutzt werden, um Lizenzschlüssel zu speichern.
Was gäbe es schon an normaler Arbeitssoftware, das nicht auf einem Server greifbar sein oder lokal installiert werden könnte?
Sowas brauchen doch nur Admins, um auf vom Server getrennten Geräten z.B. Wartungs-Software starten zu können ohne sie jeweils installieren zu müssen.
Vielleicht verstehe ich es besser, wenn du ein konkretes Szenario beschreibst, wo das Sinn macht.
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Ganz konkretes Beispiel (liegt schon etwas zurück, da ich seit 2005 nicht mehr als Admin tätig bin – 20 Jahre haben mir auch gereicht): Ein beratendes Ingenieurbüro (dessen Namen ich lieber aus juristischen Gründen nicht nennen will) mit einem Server und 15 PCs (Windows-Systeme). Der Chef wusste lt. seiner eigenen Aussage „alles über Computer“, weil er die Computer-BLÖD abonniert hatte. Er war es auch gewesen, der die IT-Ausstattung beauftragt hatte. Der Server war von der Technik her das leistungsschwächste Glied in der Kette – konnte man lt. Cheffe ja auch getrost so machen, weil „da sowieso keiner dran arbeitet“ – und bremste beim direkten Zugriff das gesamte Netz aus. Ergo diente er nur zur Datensicherung (Genial: permanentes Spiegeln von Partition C auf Partition D, „falls mal was mit der Festplatte passiert“) und zur Kommunikation mit dem Internet. Auf den Arbeitsplatz-Rechnern gab’s dann noch MS-Office und davon wurden primär Excel und sekundär Word benötigt. Na gut, Outlook auch noch. Anforderungen ändern sich. Plötzlich mussten die betreuten Objekte fotografisch dokumentiert werden. Hin und wieder war auch mal HTML-Code zu schreiben und in irgendeinem alternativen Browser zu checken. Dann kam der USB-Stick zum Einsatz. Der enthielt eine Sammlung von portablen Programmen für eben solche Zwecke, gestartet über ASuite. Wer solche Software brauchte, der kopierte den Stickinhalt 1:1 auf seinen Rechner, reichte den Stick weiter, arbeitete mit den Programmen und hatte die nach getaner Arbeit wieder zu löschen. Cheffe kontrollierte das gelegentlich. Überflüssig zu erwähnen, dass es sich beim Office-Paket aus Gründen der Einsparung um eine einzige, lizensierte Einplatzversion handelte. Überflüssig zu sagen, dass der Virenscanner nur auf dem Server lag und es sich um die nicht upgedatete Raubkopie einer Privatanwendung handelte („Weil man ja nie weiß, wozu so ein Programm eigentlich da ist und wozu dann Geld dafür ausgeben“, wie Cheffe so ungemein treffend bemerkte). Überflüssig zu sagen, dass es sich um eine reine Zeitfrage handelte, bis der Server übernommen und zum Verteilen von Kinderpornos zweckentfremdet worden war. Logischerweise sind bei der Gelegenheit auch gleich noch bergeweise Kundendaten mit abgezockt worden. Erst danach durfte ich Sicherungen installieren. Aber das durfte ja keiner erfahren – nur keinen Fleck auf die weiße Weste bekommen … Ich habe mich damals per Gericht von diesem Unternehmen trennen müssen. War wohl auch besser so!
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Das hört sich so an, als findest du die Sache mit dem USB-Stick plötzlich gar nicht mehr so toll.
So eine Systemumgebung ist wie ein Trabbi, mit den Räder auf dem Dach, nach hinten gedrehten Sitzen, Marmelade im Tank, einem Lenkrad aus Knete und Türen die sich nicht öffnen lassen.
Da muss man natürlich tricksen. Nur wozu der USB-Stick? Zu der Zeit hatten die winzige Kapazitäten und wenn es eh auf den Rechner dupliziert wird, kann auch eine CD/DVD genommen werden. Die ist wenigstens schreibgeschützt und hat keine Firmware. Naja, egal.
Und? Noch Albträume von dem Laden?
So in der Art ist mir das auch schon passiert, aber ohne Kinder, Porno und USB-Stick. Belastet mich immernoch gelegentlich. Habe fristlos gekündigt.
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Cheffe wusste alles, konnte alles, bestimmte alles. Und – ja! – Albträume von dem Laden habe ich heute noch. Da sind Sachen gelaufen, die glaubt man nicht, wenn man’s nicht selber erlebt hat. Ein Beispiel: Er konnte sich keine Passwörter merken. Ergo erfolgte die Anweisung, dass ausnahmslos für sämtliche Logins der Name seines Hundes zu verwenden war. Den er auf seiner privaten HP zudem noch öffentlich breitgetreten hat. Kannst dir ja vorstellen, was dann geschah bzw. unausweichlich geschehen musste. Anderes Beispiel: Copy & Paste war ebenso wie die Abfrage Wenn…Dann verboten, weil er das nicht kapiert hatte. Wer es trotzdem benutzte riskierte ’ne Abmahnung. Folglich war die Personalfluktuation auch extrem hoch (alle 8 Wochen mindestens ein neuer Mitarbeiter) und es sprach sich schnell rum wie das da ablief. Mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Und was die Stick-Lösung betrifft: Nein, glücklich war ich damit keineswegs. Aber ich musste gute Miene zum bösen Spiel machen, wenn ich den Job behalten wollte. Irgendwann wollte ich das nicht mehr. Danach hat er dann externe Dienstleister beauftragt, wie ich rausbekam. Die wechselten ständig. Warum wohl?
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Haha. Schön geschrieben.
Das Problem ist: IT ist hochkomplex und der Mensch tendenziell zu Faulheit und Desinteresse erzogen (von Natur und Gesellschaft). Die zwei sind ein hochexplosives Paar. Ich weiss das. Ich bin Fachmann. Ich kenne mich mit Computern sehr gut aus und habe mir fundierte psychologische Kenntnisse angeeignet.
Das Konzept des ‚Desinteresses an den eigenen Dingen‘ ist ansonsten sehr weitverbreitet. Kaum ein Radfahrer interessiert sich dafür, wie sein Fahrrad funktioniert und gewartet werden muss. Alles muss einfach so funktionieren. Und wenn nicht, ist grundsätzlich irgendwer anders Schuld. Ins Handbuch gucken? Ich? Hahahaha, träum weiter.
Es fällt beim Fahrrad aber nicht so auf wie beim Computer. Bluescreens und Konsorten sind nämlich wesentlich penetranter als ein halbplatter Reifen oder das kaputte Licht. Und mal eben zu Fuss gehen oder mit Bus und Bahn fahren, funktioniert (equivalent) mit Computern meist nicht. Die Abhängigkeit vom modernen ‚Fenster in die Welt‘ namens ‚Computer‘, ist heutzutage auch viel grösser. Daher ist der Leidensdruck auch grösser, wenn „die Technik versagt“.
Schuld ist unsere ‚Werf-Weg-Kauf-Neu‘ Konsumgesellschaft, die mit der geplanten Obsoleszens der Glühbirne ihren Siegeszug antrat. Der hohe Grad an Spezialisierung ist ein weiterer grosser Akteur in diesem Reigen und es gibt auch immer mehr motorisiertes und Versorgung über Netze. Bei mehr und mehr Dingen im Leben ist man ohne Hinzuziehung von Spezialisten komplett aufgeschmissen, wenn sie nicht wie erwartet funktionieren.
Die Aussage „Ich kenne mich mit Computern aus“ ist oft nicht realistisch. Das aber als etwas grundsätzliches zu betrachten, um dann schreiend oder lachend davon zu laufen, finde ich hochmütig. Jeder leidet unter seinem persönlichen Dunning-Kruger-Effekt, wenn etwas neues zu entdecken begonnen wird.
Da viele Computer im Umlauf sind und die Computer-Industrie den Umgang mit ihren Produkten insgesamt sehr einfach gestaltet hat, ist es nicht verwunderlich, dass sich sehr viele absolute Anfänger als Experten empfinden und darstellen. Allerdings habe ich noch keinen sagen hören „Ich kenne mich mit allen Dingen, die Computer betreffen perfekt aus.“
Ich mache keinem Menschen einen Vorwurf. Sich mit allen Alltagsdingen ausführlich auseinander zu setzen, ist heutzutage fast immer unmöglich. Der Tag hat nur 24 Stunden und Maloche und Kindererziehung fressen davon den Grossteil mit einem grossen Happs so schnell auf, dass man irgendwann plötzlich aufwacht und merkt, dass man uralt geworden ist und die Dinge um einen herum, kaum noch wirklich kennt.
Meine Versuche, die Technik-Hilfesuchenden in meiner Umgebung an die Materie heranzuführen, damit sie sich irgendwann mal selber helfen können, tragen gelegentlich Früchte. Meistens aber leider nicht.
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