Es gibt sehr viele Informationen zum Thema Demenz. Eines haben alle diese Informationen aber gemeinsam: Es werden allgemeine Demenzsymptome aufgelistet und kluge Ratschläge, die sich oftmals so gar nicht umsetzen lassen, gegeben. Berichte über die längerfristige Krankheitsentwicklung finden sich praktisch nirgendwo. Mit dem nun folgenden Beitrag gedenke ich, diese Lücke anhand eines Fallbeispiels zu schließen, denn seit nunmehr einem Jahrzehnt pflege ich einen Alzheimer-Patienten. Alzheimer ist nur eine von vielen Demenzformen (FTD verläuft weitaus schlimmer und schneller), tritt aber am häufigsten auf. Was mir binnen dieser zehn Pflegejahre immer wieder aufgefallen ist: Die Erkrankung verläuft nicht kontiniuierlich, sondern immer schubweise, so mit ungefähr zwei bis drei Schüben pro Jahr. D. h. die Situation verschlechtert sich oftmals schlagartig in nur wenigen Wochen. Es kommt immer mehr hinzu.
Darüber jedoch schweigen sich die eingangs erwähnten Seiten durchweg aus. Warum? Ich kann diesbezüglich nur Mutmaßungen anstellen. Ich vermute nämlich, dass diejenigen, die so ihre Ratschläge unter die Leute bringen, selbst nie intensiv in die Pflege involviert waren und das somit nur vom Hörensagen kennen. In diesem Beitrag ist das anders. Ich weiß leider nur zu genau, wovon ich spreche, nämlich von zehn Jahren Horrortrip für Pflegende. Was ist damit gemeint? Das zeigt ein Fallbeispiel aus meiner Verwandtschaft. Ich bitte allerdings unbedingt zu berücksichtigen, dass das wirklich nur ein einzelnes Beispiel ist, denn jeder Fall einer Alzheimer-Erkrankung ist anders gelagert und kann somit im Detail auch anders ablaufen. Was hingegen gleich bleibt ist die gesamte Entwicklung. Doch wer weiß – vielleicht gibt es ja irgendwann einmal doch wirksame Medikamente dagegen?
Jahr 1:
- Es beginnt ganz harmlos mit Wortverwechslungen und Begriffsfindungsproblemen.
- Bei den täglichen Verrichtungen kommt es vereinzelt zu „Aussetzern“, „Filmrissen“ und Fehleinschätzungen (z. B. das Volumen eines Kochtopfes betreffend o. ä.).
- Bei der Nahrungszubereitung werden Bestandteile verwechselt oder vergessen (z. B. kein Backpulver im Kuchen, Salz anstelle von Zucker o. ä.).
Hinweis: Das alles sind zwar noch keine definitiven Anzeichen für Demenz, doch es lohnt sich schon in diesem noch sehr frühen Stadium durchaus, die Ursachen fachärztlich abklären zu lassen.
Jahr 2 (zusätzlich):
- Die Auffälligkeiten aus dem ersten Jahr häufen sich.
- Verwechslungen sind an der Tagesordnung.
- Das Gespräch mit der erkrankten Person ist dadurch merklich erschwert.
- Die Veränderungen sind gerade auch für Außenstehende merklich sowie unübersehbar und die Untersuchung durch den Arzt wird seitens der erkrankten Person abgelehnt.
Hinweis: Spätestens an diesem Punkt ist das Hinauszögern der Erkrankung durch geeignete Medikation sowie durch die fordernde Förderung in einer Tagespflege dringend notwendig, denn später bringt das nichts mehr!
Jahr 3 (zusätzlich):
- Der Patient zeigt auffällige psychische Veränderungen.
- Es kommt zu häufigen Stimmungsschwankungen.
- Er tätigt gegenüber Dritten in vollster Überzeugung Falschauskünfte.
- Er zieht sich von den täglichen Hausarbeiten zurück.
- Er zeigt sich, deswegen befragt, vollkommen ignorant und uneinsichtig.
- Es kommt zu ersten gefährlichen Vorfällen wie bspw. dem Fettbrand in der Küche aufgrund einer auf dem Herd vergessenen Pfanne o. ä.
- Kenntnisse alltäglicher Verrichtungen (Beispiel: Wie wird der Fernseher eingeschaltet?) sind verloren gegangen.
- Der Patient wird zum Opfer von Trickbetrügern.
Hinweis: Zu diesem Zeitpunkt ist es grundsätzlich immer noch möglich, den Patienten von der Untersuchungsnotwendigkeit zu überzeugen. Allerspätestens jetzt ist es auch an der Zeit, dass die Pflegenden mit den erforderlichen Vollmachten ausgestattet werden und dass die finanzielle Seite (Stichworte Finanzverwaltung und Testament) geregelt wird.
Jahr 4 (zusätzlich):
- Die Alltagskompetenz ist stark eingeschränkt und ohne die Hilfe von Pflegenden geht gar nichts mehr.
- Zahllose Dinge des Alltags (Schlüssel, Brieftasche, Gesundheitskarte, Brille, Zahnersatz etc.) werden permanent und z. T. unauffindbar verlegt, so dass teure und mitunter sehr langwierige Neubeschaffungen erforderlich werden.
- Die Fähigkeit, einen eigenen Haushalt zu führen, ist dem Patienten abhanden gekommen.
- Lebensbedrohliche Situationen (z. B. Thrombose) werden nicht mehr korrekt erfasst und Ersthelfer sowie Sanitäter beschimpft.
- Hilfe wird brüsk zurück gewiesen.
- Immer mehr Alltagsgegenstände verschwinden, da sie an den unmöglichsten Orten verlegt werden.
- Der Haushalt verkommt.
- In der Wohnung sammelt sich überall Müll an.
- Die Demenz fällt selbst unbeteiligten Dritten auf.
- Die erkrankte Person beginnt, einen ausgeprägten Egoismus zu kultivieren.
- Es besteht keinerlei Interesse an der eigenen Lebenssituation mehr.
- Selbst Notsituationen anderer werden grundfalsch bewertet und an die Stelle von Hilfe treten Spott und Hohn.
- Alles, was dem Erkrankten zu kompliziert geworden ist, wird unbewusst zerstört, was teils teure Reparaturarbeiten nach sich zieht.
- Die erkrankte Person beginnt unsauber zu werden (Harn und Stuhl werden mitunter irgendwo in der Wohnung abgesetzt, Schuhe vollgekotet, in einen Schirmständer uriniert u. ä.).
- Der Patient teilt Dritten gegenüber in vollster Überzeugung frei erfundene Unwahrheiten über die Pflegenden mit.
- Er ist sich seines Fehlverhaltens in keinster Weise bewusst.
- Er weist das Fehlverhalten höchst entrüstet weit von sich.
- Stimmungsschwankungen sind zum Dauerzustand geworden.
- Der Erkrankte hat enorme Schwierigkeiten, sich zeitlich und örtlich zu orientieren.
- Das Bad des Erkrankten muss zwangsläufig auf „altersgerecht“ umgebaut werden (teuer!).
Hinweis: Selbst an diesem Punkt angekommen gibt es Hausärzte, die allen Ernstes von einer „altersbedingten, ganz normale Vergesslichkeit“ sprechen und die eine Untersuchung bzg. Demenz für nicht erforderlich halten – der Patient selbst fühlt sich dadurch bestätigt und holt keine zweite Meinung ein. Der MDK attestiert einen Pflegegrad von 1.
Jahr 5 (zusätzlich):
- Die erkrankte Person hat sich psychisch vollkommen verändert.
- Bisherige Bequemlichkeit geht in handfesten, schier unerträglichen Egoismus über.
- Das Haus wird nicht mehr verlassen und das Bett ist zum ständigen Aufenthaltsort geworden.
- Zerstörungen durch das Fehlverhalten des Patienten nehmen dramatisch zu (Wohnungsbrände, unter Wasser gesetzte Räumlichkeiten etc.).
- Die Körperpflege wird derart vernachlässigt, dass man den Alzheimer-Kranken schon lange bevor man ihn sieht bereits riecht.
- Es ist für den Erkrankten absolut selbstverständlich, dass die Pflegenden alle Verrichtungen des Haushalts übernehmen müssen (Kochen, Putzen, Waschen, Wäsche wegräumen, Körperpflege, Kleidungswechsel, Aussortieren von Schmutzwäsche usw.) und er fordert das sogar lautstark ein.
- Der Patient kann sich selbst keine Nahrung mehr zubereiten geschweige denn die dazu notwendigen Rohstoffe einkaufen.
- Die kranke Person gibt sich dabei höchstgradig uneinsichtig und unkooperativ; jegliche Mitarbeit wird massiv verweigert.
- Sie schließt sich ein, sofern sie die Möglichkeit dazu hat.
- Das Kurzzeitgedächtnis ist auf zwei bis drei Minuten geschrumpft.
- Verhältnisse in der Verwandtschaft wie z. B. berufstätige Enkelkinder o. ä. werden vergessen und besagte Kinder noch in der Schule verortet; jegliche Korrektur derartiger Falschauskünfte wird vom Kranken als Lüge bezeichnet.
- Der Patient gibt sich unerträglich kindisch.
- Seine Stimmungsschwankungen werden für die Pflegenden unerträglich.
- Etwaige Untersuchungen und Behandlungen werden seitens des Patienten brüsk abgebrochen oder gleich von vornherein verweigert.
- Die kranke Person hält sich dabei selbst für kerngesund und betrachtet gegenteilige Aussagen als persönlichen Affront.
- Der an Alzheimer Erkrankte zimmert sich ein völlig kaputtes, eigenes Weltbild zusammen, welches mit der Realität rein gar nichts mehr zu tun hat.
- Die Korrespondenz mit Behörden, Krankenkasse usw. müssen spätestens jetzt die Pflegenden zwangsläufig übernehmen (erfordert entsprechende Vollmachten), weil der Patient aufgrund von völliger Unzurechnungsfähigkeit dazu in keinster Weise mehr fähig ist.
- Termine werden nie eingehalten oder erfordern stundenlangen Vorlauf.
- Das Zeitempfinden existiert kaum noch.
- Dusche, Toilette und Waschbecken werden miteinander verwechselt, was zu sehr unappetitlichen Reinigungsarbeiten seitens der Pflegenden führt.
- Hilfsmittel wie z. B. Gehhilfe, Rollator, Zahnersatz usw. werden immer häufiger abgelehnt.
- Der Erkrankte überschätzt seine eigenen Fähigkeiten bei Weitem.
- Unfälle (Stürze!) sind dadurch vorprogrammiert.
- Das Empfinden für Jahreszeiten und Monate ist verloren gegangen.
- Der Erkrankte gibt vollkommen überzeugend Unwahrheiten von sich, die reinem Wunschdenken oder dem Leben in der Vergangenheit entsprechen.
- Die Pflegenden müssen de facto permanent hinter dem sich wie ein Kleinkind verhaltenden Pflegefall stehen und dafür Arbeits- sowie Urlaubszeit anpassen und opfern.
- Handwerker werden vom Kranken vorzeitig weggeschickt oder gar des Hauses verwiesen.
- Ein Einkaufszettel kann nicht mehr erstellt werden.
Hinweis: Kommt es in diesem Stadium zur neurologischen Untersuchung, dann lautet die Diagnose auf „Alzheimer im fortgeschrittenen Stadium“. Medikamente dagegen sind wirkungslos. Das Einzige, was jetzt noch einen Zeitgewinn vor der unausweichlichen Verschlimmerung bringen kann (nicht muss!) ist ein klar geregelter Tagesablauf u. d. h. bspw. der regelmäßige Besuch in einer Pflegeeinrichtung, was allerdings die oftmals nicht vorhandene Bereitschaft des Erkrankten voraus setzt. Der MDK attestiert bei diesem Zustand einen Pflegegrad von 2 oder 3. Die nervliche Belastung der Pflegenden erreicht ein Level, bei dem deren eigene Gesundheit Schaden nehmen kann.
Jahr 6 (zusätzlich):
- Die örtliche und zeitliche Orientierung ist komplett weg.
- Manchmal besteht Weglauftendenz mit sich anschließender Suchaktion.
- Die Pflegenden werden wegen wegen der nichtigsten Nichtigkeiten gescheucht und ihre Arbeit verbal seitens des Erkrankten ignoriert und abgewertet.
- Der Alzheimer-Patient wird immer verbitterter, verbal aggressiver und unverträglicher.
- Essensabfälle werden einfach auf den Boden geworfen und breit getreten.
- Die Wohnung verkommt zum Messie-Haushalt, häufiger Ungezieferbefall inklusive.
- Der Erkrankte sieht keine Notwendigkeit zum Umziehen mehr und verbringt Tag wie Nacht mit Nachtwäsche bekleidet.
- Medikation wird verweigert.
- Die Haustür wird nicht mehr geöffnet, auch nicht für Sozialdienste.
- An die Stelle von normaler Kommunikation tritt häufig hinrnloses Rumschreien.
- Die Zerstörungsorgie geht munter weiter, z. B. durch den aussichtslosen Versuch, Essensreste in der Küchenspüle zu entsorgen.
- Körperpflege kann nur noch erzwungen werden.
- Es kommt regelmäßig zu nächtlichen Ruhestörungen.
- Die Pflegenden opfern im Prinzip ihren gesamten Jahresurlaub für den Pflegefall.
- Anstatt dafür in irgendeiner Form dankbar zu sein kommen ordinäre Beschimpfungen.
- Der Pflegefall bevorzugt in völligem Verkennen der Situation ihn nicht pflegende Personen und hebt die in den Himmel.
- Mangels Bewegung legt der Pflegefall enorm an Körpermasse zu.
- Er kommandiert die Pflegenden nur noch nach Herzenslust rum.
- Den Pflegenden werden ihre Anstrengungen höhnisch abgesprochen und der Pflegefall verhält sich diesbezüglich extrem ignorant.
- Der Pflegefall wird derart unverträglich, dass die Pflegenden schier verzweifeln.
- Müll wird ständig überall in der gesamten Wohnung verteilt, was der Erkrankte für urnormal hält.
- Die Pflegenden werden permanent als Blitzableiter und Dienstpersonal missbraucht.
- Nahrungsreste werden gebunkert und völlig verfault gegessen; die Folgen davon sind absehbar.
- Es kommt häufiger zu Lebensmittelvergiftungen.
- Der Gestank des Pflegefalls wird bestialisch.
- Verschmutztes Geschirr und Besteck wandert ohne Abwasch zurück in die Schränke.
- Die Flüssigkeitsaufnahme lässt sehr zu wünschen übrig.
- Nachts wird urplötzlich nach Mittagessen verlangt.
- Der Pflegefall ist völlig unfähig geworden, sich um seine finanziellen Angelegenheiten zu kümmern.
- Selbst rudimentäre Körperpflege wird massiv torpediert.
- Mangels Bewegung des Pflegefalls droht in zunehmendem Maße Gelenkversteifung.
- Nacht- und Tagschlaf gehen ineinander über; die Wachphasen dazwischen erfolgen zu den unmöglichsten Zeiten.
- Im Gesprächsverlauf erfindet der Erkrankte nicht existente Phantasiewörter (Beispiel: „Der macht BRRRT!“).
- Es kommt zu selbstverschuldeten Sturzunfällen.
- Längst Erwachsene im Verwandtenkreis werden vom Alzheimer-Patienten plötzlich wieder als Kinder betrachtet.
- Folgerichtiges Handeln existiert nicht mehr.
- Was nicht begriffen wird (leider täglich mehr), wird als nicht existent abgelehnt.
- Der Pflegefall mutiert zur fleischgewordenen Ablehnung.
- Selbst die überflüssigsten Kleinigkeiten müssen von den Pflegenden UNBEDINGT-DRINGEND-SOFORT-AUFDERSTELLE erledigt werden.
- Hemmungsloser Egoismus wird vom Kranken gelebt.
- Arzt- oder Apothekengänge, Einkäufe, das Erledigen der Post und-und-und obliegt jetzt ausschließlich den Pflegenden.
- Ohne entsprechende Vollmachten können die aber nichts unternehmen, was der Pflegefall denen anlastet.
- Das Einzige, was der Pflegefall wirklich noch will, ist „ICHWILLNICHT!!!“.
Hinweis: Die Pflegenden resignieren bereits häufiger. Der MDK stuft den Pflegefall in Pflegegrad 3 ein. Spätestens ab diesem Punkt benötigt der Erkrankte im Grunde genommen einen gesetzlich bestellten Betreuer, was aber nur durch amtsärztliche Begutachtung und durch ein Verfahren vor dem Betreuungsgericht erreicht werden kann. Es empfiehlt sich für Pflegende unbedingt, im Interesse der eigenen Gesundheit eine Heimunterbringung des Kranken ins Auge zu fassen, selbst auf die Gefahr hin, dass der dann angesichts der Verhältnisse in deutschen „Seniorenendlagern“ nicht mehr lange zu leben hat. Um dabei nicht auf den Zuzahlungskosten sitzen zu bleiben müssen dem Sozialamt gegenüber turnunsmäßig sämtliche Besitz- und Einkommensverhältnisse der Angehörigen offengelegt werden.
Jahr 7 (zusätzlich):
- Soziale Kontakte mit Personen außerhalb des eigenen Haushalts gibt es nicht mehr.
- Der Patient isoliert sich selbst, weil er die Welt um sich herum nicht mehr begreifen kann.
- Er hat hinsichtlich seines Verhaltens wieder das Kindergarten-Eintrittsalter erreicht.
- Hypochondrisches Verhalten setzt sich, um die Aufmerksamkeit der Pflegenden zu erzeugen, durch.
- Den Pflegenden wird vom Erkrankten unterstellt, den Pflegefall umbringen zu wollen.
- Die nächtlichen Ruhestörungen erreichen eine neue Dimension.
- Der Pflegefall brüllt oft und laut in voller Lautstärke, drei Häuser weiter hörbar, nach permanenter Bedienung.
- Alle möglichen Medikamente werden wild durcheinander eingeworfen und müssen daher vor dem Erkrankten in Sicherheit gebracht werden.
- In Folge kommt es häufiger zu Vergiftungen.
- Die Wände werden mit Kot beschmiert.
- Medikamente müssen seitens der Pflegenden zugeteilt und deren Einnahme überwacht werden.
- Die Pflegenden müssen hinter den Lebenshaltungskosten für den Pflegefall herlaufen.
- Inzwischen werden so ziemlich alle Hilfsmittel strikt verweigert: Rollator, Brille, Hörgeräte, Toilettenstuhl, Zahnersatz, Hausnotruf, Inkontinenzmaterial etc.
- Fäkalienverunreinigte Wäsche wird in der Wohnung zum Trocknen aufgehängt.
- Der fürchterliche Gestank des Pflegefalls wabert durch das ganze Haus.
- Für den Pflegefall zubereitete Nahrung wird regelmäßig zurück gewiesen.
- Das Kurzzeitgedächtnis des Alzheimer-Patienten ist auf etwa 30 Sekunden geschrumpft.
- Abflüsse werden permanent verstopft.
- Die Wohnung ist zu einem Dreckloch geworden, aus dem selbst eine Kanalratte umgehend Reißaus nehmen würde.
- Alles wird schneller vermüllt als die Pflegenden dagegen anarbeiten können.
- Der Pflegefall verwahrlost selbstverschuldet.
- Er ist zum lebensunfähigen, undankbaren und personifizierten Altersstarrsinn geworden.
- Für die Pflegenden bestimmte Poststücke werden ohne deren Wissen vom Erkrankten weggeworfen oder gleich vernichtet.
- Ein turnusmäßiges Gesundheitsmonitoring (Gewicht, Blutdruck, Puls, Herzfrequenz, Blutzucker) durch die Pflegenden wird notwendig.
- Die Körperpflege des Patienten muss ganz massiv erzwungen werden und ist reiner Nervenkrieg.
- Dabei sind vulgäre und ordinäre Beschimpfungen der Pflegenden durch den Pflegefall an der Tagesordnung.
- Das durch und durch unkooperative Verhalten des Pflegefalls erreicht ein neues Niveau.
- Dritten gegenüber (Arzt, Sozialdienst) weiß der Pflegefall sich aber durchaus noch zu benehmen, so dass von seinem abartigen Verhalten kaum etwas nach außen dringt.
- Das gilt nicht für Handwerker, vor denen er sich gänzlich ungeniert halbnackt oder nackt zeigt.
- Jalousien und Vorhänge bleiben auch bei strahlendem Sonnenschein geschlossen, so dass der Patient in einem dunklen Loch lebt.
- Ein Mangel an Vitamin D und damit einher gehend ein noch schnelleres Nachlassen der geistigen Fähigkeiten ist die unausweichliche Folge.
- Den mittlerweile auf dem Zahnfleisch gehenden Pflegenden wird vom Kranken vorgeworfen, sich nie um den Pflegefall zu kümmern.
- Deren beruflich bedingte Abwesenheit betrachtet der Alzheimer-Patient als „Rumtreiben“.
- Spätestens alle drei Tage muss jetzt hinterher repariert werden.
- Der Pflegefall stellt sich vor die Haustür und brüllt wie am Spieß oder trällert lauthals Kinderlieder.
- Quengelverhalten ist an der Tagesordnung.
- Müll findet sich im Wäscheschrank und im Kühlschrank.
- Im Hochsommer wird plötzlich nach Osterdeko verlangt.
- Es kommt zu ersten Synkopen aufgrund von Exsikkose.
- Die Sturzunfälle halten an.
- Der Erkrankte hat vereinzelt Wahnvorstellungen und Halluzinationen (sieht bspw. fremde Menschen wo keine sind o. ä.).
- Vereinzelt werden Angehörige nicht mehr erkannt.
- Es kommt zu Artikulationsproblemen (verwaschene Aussprache).
- Die gleichen Fragen werden stereotyp alle halbe Minute wiederholt.
- Einzelne Lebensmittel (Brot, Honig o. ä., aber auch Toilettenpapier) müssen plötzlich in Unmengen gehortet werden.
Hinweis: In dieser Phase haben die Pflegenden bereits kein eigenes Leben mehr, denn ihr Tages- und Nachtablauf richtet sich einzig auf den Pflegefall aus und wird auch von dem bestimmt. Freizeit oder häusliche Abwesenheit ist zum Fremdwort geworden und eine Woche Jahresurlaub machen zu können, um nicht in dem Affenstall durchzudrehen, erfordert ein halbes Jahr an Vorlauf. Spätestens jetzt besteht für Pflegende mit Bluthochdruck selbst große Gefahr. Der MDK stuft den Erkrankten mittlerweile in Pflegegrad 3 oder 4 ein. Der Erkrankte hingegen fühlt sich von den Pflegenden bevormundet und folglich werden nicht in die Pflegetätigkeiten involvierte Außenstehende von ihm mit Geschenken bedacht, weil die ja angeblich „viel freundlicher“ zu ihm sind. Die Pflegenden, die die Arbeit haben, haben damit auch das Nachsehen.
Jahr 8 (zusätzlich):
- Der Pflegefall lastet die von ihm verursachten Zerstörungen den Pflegenden an.
- Die Pflegenden sind gezwungen, beim E-Herd den Strom abzuschalten, um Brände zu verhindern.
- Die kranke Person stopft Schmutzwäsche, Altpapier, Biomüll, Leergut, verpackte Lebensmittel und Verpackungsmüll in den gleichen Behälter und entnimmt daraus bei Bedarf das eine oder andere Teil.
- Schmutzwäsche wird ungereinigt wieder angelegt.
- Die Küchenspüle mutiert zur Mülldeponie.
- Medikamente müssen dem Pflegefall in den Mund gesteckt werden.
- Das Hinterherlaufen hinter dem Haushaltsgeld erreicht eine neue Dimension; die Pflegenden treten regelmäßig mit drei- bis vierstelligen Beträgen in Vorleistung, damit der Pflegefall nicht verhungert oder verdurstet.
- Der Pflegefall lebt seinen Geiz und unterstellt den Pflegenden, ihn ausrauben zu wollen.
- Die Brandgefahr erreicht mit offenem Feuer auf dem Tisch (z. B. angezündete Taschentücher) oder in der Spüle eine neue Dimension.
- Wohnungsbrände müssen im Mittel alle drei Wochen verhindert werden.
- Den Kranken mit dem Auto bspw. zum Arzt zu transportieren wird aufgrund des Theaters beim Ein- und Aussteigen zur einzigen Qual für alle Beteiligten.
- Nächtliche Ruhestörungen kommen alle zwei bis drei Tage vor, mitunter mehrmals pro Nacht.
- Die gebrüllten, unflätigen Beschimpfungen der Pflegenden durch den Pflegefall lassen auch den überzeugtesten Pazifisten langsam aber sicher aggressiv werden.
- Der Pflegefall beginnt, zwar vereinzelt aber völlig hemmungslos auf die Pflegenden einzuschlagen.
- Angehörige werden öfter nicht mehr erkannt.
- Hin und wieder kann selbstverletzendes Verhalten auftreten (z. B. das Kratzen juckender Stellen mit einem Obstmesser oder das Bohren mit einer Stricknadel im Ohr).
- Der Pflegefall durchlebt lethargische Phasen und stiert dumpf vor sich hin, dabei auf keinerlei Ansprache reagierend.
- Aufgrund der absoluten Unsauberkeit mit Inkontinenz bleiben ab jetzt lebensbedrohliche Harnwegsinfektionen nicht aus.
- In dieser Phase müssen die Pflegenden mit sehr vielen Krankenhausaufenthalten des Demenzpatienten rechnen und das Rufen des RTWs gerät zum Standard.
- Im Anschluss hat der Patient die Krankenhausbehandlung schon wieder vergessen und bezichtigt die Pflegenden der Lüge, wenn die ihn daran erinnern.
- Das Gesundheitsmonitoring wird vom Patienten torpediert.
- Dessen Wahnvorstellungen häufen sich merklich.
- Mit Fäkalien verunreinigte Wäsche hängt und liegt überall in der Wohnung zum Trocknen, vereinzelt werden die Pflegenden auch mit Kot beworfen.
- Der Gestank des Pflegefalls und seiner Wohnung wird allen Anstrengungen der Pflegenden zum Trotz atemberaubend und unerträglich.
- Der Erkrankte unterstellt den Nachbarn, ihm schaden zu wollen.
- Alle außer seiner engsten und am liebsten beschimpften Bezugsperson trachten ihm seiner Meinung nach nach dem Leben.
- Die Zerstörungen durch den Pflegefall können inzwischen längst nicht mehr alle in Eigenleistung behoben werden und erfordern immer häufiger Handwerkereinsätze (bspw. bei abgerissenen Jalousien oder zerlegten Fenstermechaniken) oder Neubeschaffungen (bspw. bei zerschlagenen Elektrogeräten).
- Für den Pflegefall zubereitete Nahrung wird jetzt generell und grundsätzlich zurück gewiesen.
- Der Alzheimer-Patient durchlebt Phasen, in denen er völlig grundlos ausgesprochen lautstark um Hilfe schreit.
- Der verweigerte Rollator wird als Schmutzwäscheablage zweckentfremdet.
- Zum Lüften geöffnete Fenster werden vom Pflegefall umgehend wieder geschlossen.
- Bei hochsommerlicher Hitze draußen wird nach Winterbekleidung verlangt.
- Die Neubeschaffung von Bettwäsche und Matratzen gerät aufgrund der Unsauberkeit des Kranken (Reinigung des Materials nicht mehr möglich) zur kostenintensiven Dauerbeschäftigung.
- Das Regulieren der eigenen Körpertemperatur ist dem Kranken nicht mehr möglich.
- Im Sommer werden die Heizkörper voll aufgedreht und im Winter abgestellt, woraus der Demenzkranke messerscharf schließt, dass die Heizung nicht funktioniert und nach einem Heizungsfachmann verlangt.
- Sollte der Kranke über ein funktionsfähiges Telefon verfügen, dann bestellt er in seiner Unzurechnungsfähigkeit alle möglichen Waren und Handwerker telefonisch.
- Der Patient lädt telefonisch Gäste zum Essen ein und kümmert sich nicht weiter darum, so dass die bei den Pflegenden unerwartet vor der Tür stehen.
- Es kann geschehen, dass den Pflegenden dadurch nichts anderes übrig bleibt, als das Telefon außer Betrieb zu nehmen (womit dem Pflegefall allerdings auch die Möglichkeit eines Notrufes genommen wird).
- Biomüll wird im Wäscheschrank, dort wo das Brot aufbewahrt wird, entsorgt.
- Der Pflegefall kann sich nicht mehr an den eigenen Geburtstag erinnern.
- Mitunter ist der Patient auffällig verwirrt.
- Erste-Hilfe-Leistungen seitens der Pflegenden etwa einmal monatlich, meist bei Sturz, werden zum Standard.
- Der Demenzkranke lebt jetzt nahezu ausschließlich in Dunkelheit.
- Seine geistigen Fähigkeiten haben erneut rapide nachgelassen und sind mittlerweile nicht mal mehr mit denen eines Hundes oder einer Katze vergleichbar.
- Selbst das Öffnen einer Mineralwasserflasche oder einer Lebensmittelverpackung übersteigt sein Leistungsvermögen.
- Es treten Anfälle von völliger geistiger Umnachtung auf.
- Die Pflegenden werden als das personifizierte Böse betrachtet und auch so behandelt.
- Fakten (wie z. B. Coronabeschränkungen, Maskenpflicht, Besuchsverbote) interessieren den Patienten nicht mehr, denn alles was seiner Meinung zuwider läuft, existiert für ihn nicht.
- Regelmäßig werden Urinspuren quer durch die ganze Wohnung gelegt, denn „das trocknet ja von alleine“.
- Dennoch muss der Pflegefall notfalls mit Gewalt vom eigenen Autofahren abgehalten werden.
- Er riecht seinen eigenen Gestank offensichtlich nicht mehr.
- Kerzen, Feuerzeuge und Streichhölzer darf es in seiner Wohnung nicht mehr geben.
- Hausnotruffehlalarme sind an der Tagesordnung und müssen von den Pflegenden abgeblasen werden.
- Die Pflegenden schrammen jetzt permanent am Nervenzusammenbruch vorbei oder erleiden den (je nach psychischer Stabilität).
Hinweis: Der MDK attestiert dem Pflegefall in diesem Zustand einen Pflegegrad von 4. Die pflegenden Angehörigen sind nur dann halbwegs vor unzumutbaren Ausgaben geschützt, wenn sie uneingeschränkten Zugriff auf das Pflegegeld haben. Krankenhausaufenthalte sind nicht mehr die Ausnahme, sondern vielmehr die Regel, sofern der Patient die Harnwegsinfektionen überlebt. Heime für solche Patienten sind rar; nicht selten werden diese Menschen gleich in die geriatrische Psychiatrie abgeschoben. Wer das vermeiden will und zuhause pflegt, der engagiert – sofern es finanzierbar ist und sich das entsprechende Personal dafür findet – Haushaltshilfe und Pflegefachkraft. Alle anderen warten darauf, dass Mutter Natur tätig wird und dem Horror ein Ende bereitet. Die Einrichtung aus der Wohnung des Pflegefalls ist nicht mehr zu gebrauchen, da der Fäkalgestank überall drin steckt – das alles kann nur noch verbrannt werden!
Jahr 9 (zusätzlich):
- Das Kurzzeitgedächtnis des Alzheimerkranken liegt jetzt bei etwa 10 Sekunden.
- Es ist ihm unbegreiflich, wie Menschen aus seinem Bekanntenkreis versterben können und er nimmt das sehr persönlich als Ablehnung seiner Person.
- Der ohnehin schon unkooperative und verbitterte Kranke wird dadurch noch einmal sehr viel verbitterter (fühlt sich abgelehnt) und in Folge auch aggressiver.
- Das Rumkommandieren der Pflegenden wird absolut unerträglich.
- Der Pflegefall bemüht sich nicht mal mehr um den Toilettengang, sondern sondert alle Fäkalien gleich im Bett ab und bleibt darin liegen.
- Er reagiert extrem aggressiv, wenn die Pflegenden die Sauerei beseitigen wollen.
- Er vertritt die Auffassung, dass nicht die Pflegenden für seine Gesundheit zuständig sind, sondern einzig und allein der seiner Meinung nach völlig unterbeschäftigte Hausarzt.
- Neben Schlagangriffen gegen die Pflegenden beginnt der Kranke, die jetzt auch mit Gegenständen (Tassen, Messer usw.) zu bewerfen.
- Es wird unmotiviert um Hilfe geschrien und das Geschrei geleugnet, wenn die alarmierten Pflegenden nach dem Rechten sehen.
- Spülbecken werden mit Kot verstopft.
- Der Kühlschrank wird als Mülleimer missbraucht.
- Der Erkrankte beschmiert sich selbst mit Kot und Urin.
- Um ihn zu reinigen (Zwangsduschen!) sind aufgrund der massiven, physischen Gegenwehr mehrere Personen erforderlich.
- Dabei gehen regelmäßig Einrichtungsgegenstände zu Bruch (z. B. abgerissener Duschschlauch o. ä.).
- Im Gegenzug erliegt der Erkrankte phasenweise der Altersdepression.
- „Lichte Momente“ treten nur noch vielleicht monatlich für ein paar Minuten auf.
- Die Toilette wird regelmäßig alle paar Tage bis zum Überlauf mit allen möglichen Gegenständen oder Inkontinenzmaterial verstopft und der braune, stinkende Überlauf sucht sich den Weg quer durch die Wohnung.
- Es muss täglich hinterher repariert werden.
- Die Waschmaschine läuft von frühmorgens bis spät in die Nacht.
- Die Bekleidung des Pflegefalls reicht nicht mehr aus, weil man mit dem Waschen nicht mehr hinterher kommt.
- Der Erkrankte ist völlig unfähig, sich an veränderte Gegebenheiten anzupassen und das betrifft ausnahmslos alle Lebensbereiche.
- Eingeschaltete Sozialdienste gewinnen den Eindruck, dass die häusliche Pflege nicht mehr gewährleistet ist.
- Der Kranke verlässt unvermittelt und heimlich das Haus, ist völlig orientierungslos und Suchaktionen schließen sich an.
- Der Rücktransport erfolgt dann nicht selten durch Polizei oder RTW, weil der Pflegefall irgendwo hilflos liegend aufgefunden wird.
- Überall in der Wohnung muss jetzt mit weiträumigen Urinlachen und wild irgendwo abgesetzten Kothaufen gerechnet werden.
- Der Patient ist nur noch an allem absolut desinteressiert (z. B. Fernsehen, Zeitung), was sogar den eigenen Zustand mit einschließt.
- Er lagert vermehrt Wasser ein.
- Das Bewerfen der Pflegenden mit Kot tritt jetzt häufiger auf.
- Öfters kommen Geschmacksverirrungen vor (z. B. das angeblich versalzene Mineralwasser) und Schuld daran sind immer die Pflegenden.
- Die Sprache des Kranken wird immer verwaschener und unverständlicher.
- Das Telefonklingeln wird nicht mehr erkannt und zudem bestritten, dass überhaupt ein Telefon vorhanden ist.
- Ausgewogene Ernährung ist problematisch, denn während vollwertige Mahlzeiten standardmäßig zurückgewiesen werden, wird auf der anderen Seite irgend etwas, was gerade greifbar und unabhängig davon ob es noch genießbar ist, bei Hungergefühl massenhaft in sich reingestopft.
- Häufige Magenverstimmungen inklusive Erbrechen sind die unausweichliche Folge.
- Der Patient läuft jetzt meist unten ohne oder gänzlich nackt herum.
- Nächtliche Ruhestörungen treten mehrmals pro Nacht und mindestens alle zwei Tage auf.
- Immer dann, wenn der Pflegefall zur Abwechslung mal nicht im Bett rumliegt, kommt es zu physisch aggressivem Verhalten gegen die Pflegenden.
- Pflegende werden dabei verletzt.
- Das aber hat der Pflegefall umgehend schon wieder vergessen und bezichtigt die Pflegenden der Lüge, wenn die ihn auf das Fehlverhalten hinweisen.
- Pflegende werden grundsätzlich mit gebrüllten, vulgären Beleidigungen rausgeworfen.
- Bei jeder noch so winzigen Unpässlichkeit werden, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, unmenschliche Schmerzen vorgeschoben und das selbst dann, wenn der Arzt gerade eine Untersuchung durchführt und es keinerlei Schmerzursache gibt.
- Der Patient zeigt gehäuft Phasen von Verwirrung.
Hinweis: Der MDK ordnet den Patienten jetzt dem Pflegegrad 4 oder 5 zu. Der Kranke ist auf sich allein gestellt unfähig geworden, selbst um Hilfe zu rufen, wenn etwas passieren sollte und bedarf daher der ständigen Anwesenheit Pflegender. Den Pflegenden bleibt mittlerweile aber gar nichts anderes übrig, als zeitweise zu resignieren und den Pflegefall eben Pflegefall sein zu lassen, wenn sie nicht selbst vor die Hunde gehen wollen. Manchmal ist die Verabreichung sedierender Antipsychotika wie bspw. Melperon an den Erkrankten die einzige Möglichkeit, um die Pflegenden vor den negativen, gesundheitlichen Auswirkungen der Pflege zu schützen.
Jahr 10 (zusätzlich):
- Die Altersdepression des Patienten ist behandlungsbedürftig geworden.
- Der Patient verlässt sein Bett nur noch zur Nahrungsaufnahme zu den unmöglichsten Zeiten.
- Warmes Essen ist ihm daher unbekannt geworden.
- Damit einher gehend tritt ein rapider Gewichtsverlust auf.
- Das Kurzzeitgedächtnis umfasst noch maximal 5 Sekunden.
- Seine Infektionsgefahr wird bodenlos.
- Die Pflegenden zählen jetzt die sehr wenigen Nächte, in denen sie noch durchschlafen können (etwa eine binnen 2 Wochen), wobei die Störungen mehrmals pro Nacht vorkommen.
- Einzig eine häusliche Seniorenbetreuung kann den Patienten jetzt noch kurzzeitig aus seinem Dämmerzustand reißen.
- Dämmert der Patient nicht vor sich hin dann schreit er grundlos.
- Seine physische Aggressivität gegen so ziemlich alle Pflegeleistungen erreicht ein neues Maß.
- Das mitunter hemmungslose Einschlagen auf die Pflegenden ist zur Regel geworden.
- Wäsche inklusive Bettwäsche wird zerrissen.
- Es muss ständig mit Kreislaufversagen gerechnet werden.
- Synkopen aufgrund von Exsikkose nebst der damit verbundenen RTW-Einsätze kommen häufig vor.
- Sturzunfälle mit den entsprechenden Folgen wie z. B. Frakturen sind häufig.
- Pflegende müssen de facto ständig hinter dem Pflegefall stehen um ihn auffangen zu können.
- Angehörige werden immer häufiger nicht mehr erkannt.
- Im Gegenzug treten immer häufiger Halluzinationen von vermeintlich fremden (nicht existenten) Leuten in der Wohnung auf.
- Die Verwirrung ist eher die Regel als die Ausnahme.
- Die Chance, dass der Pflegefall jetzt gefüttert werden muss (obgleich er selbst noch zur eigenständigen Nahrungsaufnahme in der Lage ist) ist sehr groß.
- Große Urinlachen finden sich jetzt ständig überall in der Wohnung.
- Zur Bewegung des Pflegefalls wird nicht selten ein Rollstuhl benötigt, was bei häuslicher Pflege eine entsprechende, bauliche Eignung der Wohnung voraus setzt.
Hinweis: Sollte Mutter Natur nicht in dieser Phase durch Infektion oder Fraktur die Reißleine ziehen, dann wird der Erkrankte so oder so bettlägerig (sei es aufgrund von Frakturen oder als direkte Demenz-Folge) und erst dann ordnet der MDK ihn dem Pflegegrad 5 zu. Die dauerhafte häusliche Versorgung eines bettlägerigen Patienten ist einerseits bei gleichzeitiger Berufstätigkeit de facto nicht mehr möglich und andererseits sind entsprechend ausgestattete Heimplätze ziemlich rar.
Ein Altenpflege-Azubi steigt beim ÖD im ersten Lehrjahr monatlich mit gut 1.100€ brutto ein. Bis zum dritten Lehrjahr steigert sich das dann auf rund 1.300€ brutto. Danach geht er mit knapp 3.000€ monatlich in den Beruf. Es sei denn, dass es sich um eine private oder kirchliche Einrichtung handelt, denn dort liegen die Entlohnungen oftmals niedriger. Diese Angaben beziehen sich auf Vollzeitstellen. Aber sind die überhaupt verfügbar? Nein, wenn man nach dem Ärzteblatt geht, denn 65% sind in Teilzeit und 35% in Vollzeit tätig. Schaut man sich dazu einmal die Jobangebote für Altenpfleger an, dann fällt auf, dass zum überwiegenden Teil auch nur Teilzeitjobs, wenn nicht sogar Minijobs, angeboten werden.
D. h. von denjenigen, die heute noch in Deutschland Altenpfleger lernen, haben rund zwei Drittel gute Chancen, nach ihrer Prüfung im Beruf nur unwesentlich mehr als im dritten Ausbildungsjahr zu verdienen – oder im Falle von Minijobs sogar noch deutlich weniger! Für zwei Drittel der angehenden Altenpfleger ist die Ausbildung damit im Grunde genommen eine Ausbildung zum Sozialfall. Da das nun aber schon seit Jahrzehnten so praktiziert wird braucht es niemanden zu verwundern, wenn der Beruf denkbar unattraktiv ist und wir folglich unaufhaltsam in eine Pflegekatastrophe eintreten: Heime, unabhängig davon wie teuer sie auch für den einzelnen Pflegefall sind, können inzwischen nur mit einem völlig überlasteten Personalminimum arbeiten, weil es keine Pfleger mehr gibt. Diese Situation ist historisch gesehen selbstverschuldet und auf politische Versäumnisse (politische Unfähigkeit?) zurück zu führen.
Was bleibt ist, so lange es irgendwie geht, die häusliche Pflege, denn die verteilt die Last auf viele Schultern. Laut Statistischem Bundesamt lag die Anzahl der Pflegebedürftigen in Deutschland Ende 2019 bei rund 4,1 Millionen und etwa 80% von ihnen werden zu Hause gepflegt. Rechnet man pro Pfegefall nur einen einzigen Pflegenden, dann sind das immerhin 3,3 Millionen Pflegende – 3,3 Millionen Menschen, die ihre eigenen Bedürfnisse zugunsten von Pflegefällen teils dramatisch einschränken und die – von einer minimalen Berücksichtigung bei der Rentenberechnung mal abgesehen – keinerlei Ausgleich dafür erhalten: Auch das ist ein politisches Versäumnis allerersten Ranges!
Und diejenigen, die den Pflegefall irgendwann zwangsläufig in ein Heim geben müssen, werden darüber hinaus auch u. U. noch durch saftige Zuzahlungen zur Kasse gebeten. Das Nachsehen hat immer der Pflegefall: Geht gar nicht! Was wir dringend brauchen, ist daher eine umfassende Pflegereform – allerdings eine, bei der sich nicht nur ein paar Bosse unverdienterweise die Taschen füllen, sondern eine, von der stattdessen der Pflegefall, die beruflichen Pflegekräfte und die pflegenden Angehörigen profitieren! So lange das nicht der Fall ist werden Menschen vorsätzlich ausgenutzt. Doch ich befürchte, dass wir auf eine derartige Reform noch sehr lange werden warten müssen. Weil die sich nicht mit der neoliberalen Pseudoreligion verträgt … 😦
der absolute horror,das saugt jeden pflegenden
auf dauer literweise lebenskraft aus.
das problem ist schon lange bekannt,aber in
diesem system werden nur gewinner unterstützt,
niemals verlierer.
egal ob krankheit,arbeitslos oder sonst etwas,der
der runterfällt wird einfach zerlatscht,zerquetscht
oder absichtlich nicht wahrgenommen.
mußte ich auch am eigenen leib erfahren,dieses
system ist krank und verfault von innen.
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